30.4.2018
Carly hat ihren lang erwarteten Erstling geboren!
Es war eine Punktlandung am Montagabend und als ich zum Stall gebraust
kam, lag der Bub schon im Stroh. Die Nachgeburt flutschte zügig in einem
Rutsch raus und die erschöpfte aber wohlbehaltene Carly stand ganz und
gar eingenommen vor ihrem Sohn.Die bunte Farbe gab uns dann ein
kurzes Rätsel auf, gibt es doch nirgendwo in Carlys mütterlicher
Verwandtschaft bis hin zum Ugrossvater Surumu überhaupt "bunt", und auch
Conen nebst mütterlicher Verwandtschaft kommt schlicht daher.
Es mag also der Pilot sein, der sich da als Muttervater des Capistrano
in diesem Urenkel durchgesetzt hat, dafür spräche auch die linienbetonte
sportliche Aufmachung des jungen Burschen, der gänzlich anders
daherkommt als seine Mutter im selben zarten Fohlenalter.
Wenn es so ist, soll mir das sehr recht sein.
Urgrossvater Pilot
Ein Fohlen mit deutlich mehr Linien als Muttern seinerzeit und recht
gross für die kleine Stute, insbesondere als Erstling.
Darüberhinaus ist Karlchen ausgestattet mit einer grossen Portion
Charme, und der verfängt bei jedem Betrachter sofort.
Ja, der kleine Kerl gefiel Stutenfee Ingrid und mir auf Anhieb richtig
gut!
... und um das zweifelhafte Klischee zu bemühen:
Karlchen ist langbeinig.
S e h r langbeinig.
Weshalb das Aufstehen volle drei Stunden dauerte und die Milchbar finden
noch länger.
Kaum stand er mal wackelig auf den langen Beinen an Mutter's Flanke,
klappte das tiefe Runterbücken Richtung Euter gar nicht und er fiel
wieder um.
So ist das, wenn eine kleine Stute ein hochbeiniges Fohlen bekommt.
Carly, die gute Seele, liess sich ergeben abmelken und der Bub bekam die
erste Milch aus der Flasche im Liegen.
Das schien ihm sehr zu gefallen, an aufstehen dachte er nun nämlich gar
nicht mehr.
Die Sache mit dem gesunden Phlegma (das haben wir gleich gestern abend
realisiert) scheint jedenfalls hingehauen zu haben...
Sehr gesund.
Carly leckte hingebungsvoll auf und ab an ihrem Foheln herum und verwies
ein oft bedientes Klischee einmal mehr ins Reich der Phanatsie:
Stuten lecken ihre Fohlen nicht trocken. Sie lecken sie -ganz im
Gegenteil- erst richtig nass.
Karlchen jedenfalls wechselte sein längst trockenes Fellchen mehrfach
wieder in "gut feucht" und genoss das ganz offensichtlich sehr.
Und wenn Carly ihn nicht gerade nass leckte knabberte sie hingebungsvoll
an seinen Beinchen und Hufen.
Ab und an gab es einen zarten Biss dazu und die Order war eindeutig:
"Willst du nicht endlich aufstehen?"
Und das sind sie wieder, diese Momente, die mich einfach ticken machen.
Karlchen lag noch hilflos im Stroh und die kleine rote Zunge schaute
etwas heraus und er saugte instinktiv an allem, was sich bot. Da war er
bei seiner jungen Mutter mit ihrem ausgeprägten Mutterinstinkt genau
richtig! Carly beschnupperte ihn von oben herab und leckte ihm übers
Mäulchen. Er saugte an ihrer Zunge, sie erwiderte sein Saugen und Lecken
hingebungsvoll. Eine ganze Weile ging das so, das liegend Fohlen im
Stroh reckte sein Köpfchen zur Mutter und die beiden saugten aneinander
und vergassen alles andere. Ein paar Mal krempelte Carly ihm die kleine
Unterlippe dabei auf links und Karlchen gab ein Bild für die Götter ab
mit seiner umgestülpten Unterlippe, die er verwirrt versuchte wieder
umzukrempeln, nur um gleich weiter an Mutters Zunge zu saugen.
Hinreissend.
Momente, die unter die Haut gehen.
Die schönsten Momente mit dem neugeborenen Fohlen.
Genau das, was mich ticken macht.
Die schönste Zeit des Jahres eben.
Der junge Fohlenfrühling.
Ein weiteres Mal bekam Karlchen dann zur Nacht noch die Flasche, schon
um Carly den Druck zu nehmen (die einfach hinreissend hingebungsvoll ist
und sich und dem Fohlen dankbar in allen Belangen helfen liess) und als
ich heute morgen zum Stall kam tralupfte der kleine Carl schon munter um
Muttern herum durchs Stroh und dockte zielsicher nach jeder zweiten
Runde an.
Das hatte er dann doch offensichtlich über Nacht nachhaltig gelernt.
Mitunter muss man der Natur dann einfach mal ihren Lauf lassen.
Heute Nachmittag ging es dann das erste Mal nach draussen bis zur
Heuwiese und wieder bestach das Phlegma:
der Bengel lag im stall und da lag er.
Muttern kam sogar ohne Fohlen brav mit mir aus der Box (ich habe es noch
nie zuvor erlebt, dass eine Stute so kurz nach dem Abfohlen ohne Fohlen
bereit ist, die Box überhaupt zu verlassen!) und der Bub lugte aus dem
Stroh heraus hinterher und blieb liegen.
Schubsen, Klaps auf den kleinen Fohlenpopo - nichts.
Ich musste mich tatsächlich mit Carly ein winziges Stück ausser
Sichtweite begeben bis das Phlegma der Unruhe wich. Gemässigter Unruhe.
Immerhin so weit, dass er die Beinchen mal auseinandersortierte und sich
im Ansatz erhob.
Dann gabs einen Klaps auf den kleinen Hintern und die Schubhilfe
Richtung Tür, wo Carly schon besorgt wartete.
Noch etwas verwirrt ging es mit Amelies Hilfe vom Hof runter Richtung
Heuwiese, dann stand das Karlchen sichtbar beeindruckt in der grossen
weiten Welt.
Bemüht sortierte er alsbald tralupfend seine langen Beinchen um Muttern
herum und ich bin mit der sehr besorgten Carly immer hinterher
marschiert, als er die ersten wackeligen Galoppsprünge jenseits aller
begrenzenden Boxenmasse unternahm.
Nach zehn Minuten (es mögen auch fünfzehn gewesen sein - in so einem
jungen Leben macht das noch viel aus...) tat es einen Plums und das
Karlchen lag im Gras. Eine geradezu fliessende Bewegung aus dem Galopp
heraus geradewegs ins dichte Gras.
Und da lag er dann.
Es wiederholte sich das selbe Schauspiel wie gestern Abend nach der
Flasche und auch zuvor im Stall:
an Aufstehen dachte er gar nicht.
Da konnte ich schubsen und schieben und rucken, er liess sich gar nicht
aus der Ruhe bringen und blieb liegen.
Kullerte immerhin mal auf die andere Seite. Ansonsten aus die Maus.
Ach herrjeh.
Da stand ich nun mit meiner Fohlenstute und wusste keinen Rat.
Ich schickte ein kleines Stossgebet zum Himmel und hoffte, dass Carly
sich überreden liess, ohne Fohlen mit mir Richtung Stall zu ziehen.
Sie liess.
Ungern, aber brav.
Ein paar Meter Distanz und siehe da, der kleine Karl erhob sich.
Gemässigt, aber immerhin. Von Hektik keine Spur.
Und troddelte dann auch zügig (nunja...) hinterher.
Bis auf den Hof blieb er auch tapfer dran und ich war mir sicher, wir
schaffen auch die Stalltür...
Weit gefehlt.
Auf dem Hof ging er am geparkten Anhänger verloren und Carly und ich
mussten wieder hinterher.
Aber dann!
In einem Zug bis in die Box, saufen, plums und schlafen.
Herrlich!
Gegen Abend in der Sonnne unternahmen wir mit Stutenfee Ingrid den
zweiten Versuch bis zur Heuwiese und ja, der kleine Karl gefällt uns
auch auf dem Pflaster richtig gut!
Stutenfee Ingrid allerdings ist sehr viel konsequenter als ich und hat
den Ausgang streng begrenzt auf 10 Minuten, sonst wird es zu kalt in dem
Wind.
Das wird der Grund gewesen sein, weshalb uns ein zweiter
plumsundhierbleibeichliegen erspart gebleiben ist.
Diesmal schien er auch zu begreifen, wo es auf dem Rückweg hinging und
fädelte sich auf Anhieb (fast) ohne Hilfe bis durch die Stalltür ein.
Immerhin ging er uns auf dem Hof nicht mehr verloren...
Schlaues Pferdchen.
Oder sollte ich sagen: bedachtsam?
Im Stall das selbe wie zuvor:
In einem Zug bis in die Box, saufen, plums und schlafen.
.... und wer bis hierher durchgehalten und mitgelesen hat wird
feststellen:
ich kann mich gar nicht bremsen und bin schwerst verliebt.
einen Schönheitsfehler hat er allerdings:
Es ist und bleibt ein Hengstfohlen.
Ich hatte mir aus dieser Anpaarung so sehr ein solches Stutfohlen
gewünscht.
4. Mai 2018
Philipp hat seinen Fohlenbesuch angekündigt und ich habe mich riesig
darüber gefreut!
Aus seiner Zeit als Azubi im Stall Klimke verbindet Philipp einiges mit
meinen Stuten, hat er doch Darnell und Carly angeritten und auch
Deauvillchen ausgebildet.
Mit Karlchens Geburt war es nun endlich Zeit für Philips Fohlenbesuch
und Karlchen wickelte den verzauberten Buschreiter vom Fleck weg um den
Finger. Ich kann nicht sagen, wer von uns mehr Vergnügen an dem
herrlichen sonnigen Vormittag im Wald und auf der Heuwiese hatte.
Karlchen jedenfalls kam voll auf seine Kosten und tobte ausgiebig um die
Bäume und uns ging das Herz auf, ihm dabei zuzusehen. Wieder einmal.
Bei dieser Gelegenheit entstanden die ersten Fotos im Alter von vier
Tagen.
Das gesunde Phlegma hat Karlchen sich bis heute beibehalten.
Jedes Mal wenn ich zum Stall komme (zwei Mal täglich zum
Waldspaziergang) liegt das Karlchen in der Box.
Und liegt.
Und bleibt auch liegen.
Carly grummelt und wiehert mir zu und weiss schon, was kommt und der
Zwerg bleibt liegen.
Nicht selten, dass er mitten vor der Tür liegt und Carly muss vorsichtig
über ihn drüber steigen um rauszukommen (was sie auch brav und mit sehr
viel Umsicht tut) und selbst der kurze Gang die Stallgasse rauf ausser
Sichtweite des Fohlens ist inzwischen Routine. Ich bin jedes Mal sehr
gerührt mit welchem Vertrauen die brave Carly mir folgt...
Wir sind dabei ganz leise und lauschen vorsichtig nach hinten. Meist
kann man dann kurz vor erreichen der Hoftür ein zartes Rascheln aus der
Box vernehmen.
Karlchen, der realisiert dass er allein ist und überlegt, dass es
vielleicht doch sinnvoll ist mal aufzustehen und hinterher zu kommen ...
Um die Ecke denken und laufen hat er auch schnell gelernt, immerhin.
Wenn Muttern ausser Sicht ist, rennt er nicht erst konfus vor die
Stallwand oder Boxentür.
"Analytisch" strukturiert ist er wohl. Wenn auch mit Bedacht.
Sehr bedacht.
Anekdotisch gestern mittag der Rückweg aus dem Wald zurück über die
Heuwiese.
Die Wiese ist zur einen Seite von einer steilen Böschung begrenzt,
darunter liegt ein Graben der um diese Zeit auch fliessend Wasser führt.
Ich lege Wert darauf, dass die Fohlen diese Grabenböschung früh erkennen
und begreifen lernen, damit sie beim toben über die Wiese nicht mal
versehentlich im Flugrausch dort runterpurzeln.
Karlchen kommt angeflogen und bremst skeptisch vor der Böschung ab
(sagte ich schon, dass er bedachtsam ist?), beäugt die Böschung und lugt
vorsichtig runter Richtung Graben, nimmt Haltung an (ich denk, was kommt
jetzt?) reckt Steert und Hals und stellt sich hinten breit - und strullt
in echter Herrenmanier gepflegt in die Böschung.
Stil hat er.
6. Mai 2018
Besuch aus Kanada!
Schon das zweite Mal in seinem jungen Leben bekommt Karlchen Besuch und
nimmt auch die jungen Damen ruck-zuck für sich ein. Alexandra und
Tiffany waren für eine Woche aus Kanada angereist und der sonnige
Vormittag mit den Fohlen im Wald avancierte zum gefühlten Höhepunkt
dieser Reise. Karlchen hatte grossen Anteil daran und auch Maren war
erstmals zum Fohlenbesuch mit dabei und liess sich gern von dem Buben
verzaubern.
Maren hatte ich Carly anvertraut um selber die Hände frei zu haben für
die Kamera. Fotos wie diese sind ohne fremde Hilfe einfach nicht möglich
und Maren machte das einfach grossartig mit Carly! Liebe Maren, tausend
Dank!
Zwei Tage mehr machen in diesem Alter einen grossen Unterschied!
Mit sehr viel mehr Kraft und Selbstbewusstsein springt Karlchen
mittlerweile durch den Wald, schön wie ein englischer Stich.
11.5.2018
Notgedrungen mussten wir das Quäntchen Glück
bereits am dritten Tag weidegängig machen. Carly und Karlchen haben also
seither Gesellschaft.
Die grösste Freude an der neuen Gesellschaft hatte Karlchen. In seiner
aufgeschlossenen Art bummelte er sogleich unbekümmert und neugierig auf
die Neuankömmlinge zu und war völlig überrascht, als Bunny wie eine
Furie auf ihn zu stob. Karlchen war zu diesem Zeitpunkt zehn Tage alt
und hatte in seinem jungen Leben noch keine Agressivität kennengelernt.
Für Karlchen war die Welt ein herrlicher Spielplatz und alle haben ihn
lieb. Der kleine Kerl war völlig von der Rolle und wusste nicht wie ihm
geschah. Mir rutschte kurzzeitig das Herz in die Hose und ich war froh,
als Carly ihn zügig einholte und sich schützend zwischen ihn und Bunny
schob. Bunny und Carly steckten ihre Claims rigoros ab und hielten
Distanz. Nur Karlchen verstand die Welt nicht mehr. Nachdem er den
ersten Schrecken abgeschüttelt hatte schob er erneut vorsichtig die Nase um
Carly herum und machte sich ein weiteres Mal auf den Weg zu dem neuen
Spielgefährten. Ingrid und ich waren beide etwas fassungslos angesichts
dieser unglaublichen Unbekümmertheit des kleinen Kerlchens. Bunny und
Carly sortierten sich ein zweites Mal krawallig auseinander, danach war
Ruhe. Allerdings fiel es mir schwer, an den Frieden zu glauben.
Einmal mehr war es Stutenfee Ingrid, die mich mit ihrem Pragmatismus
überzeugte:
"Besser der lernt das jetzt zu viert, dass er anderen Stuten aus dem Weg
zu gehen hat, als dass er es später in der grossen Herde lernen muss.
Was glaubst du wie die anderen Stuten mit ihm umspringen werden, wenn er
so dahergetroddelt kommt?"
Wo sie recht hat, hat sie einfach recht.
Und es sollte in der Tat der letzte grosse Krawall gewesen sein. Fortan
hielt Karlchen sich zurück und beobachtete seine neue künftige Freundin
aus der sicheren Ferne.
13.5.2018
Karlchen 3. in Lienen!
Fabelhaftes Trio! Karlchen und Carly ernten mehrfach Applaus! Danke,
Holger!
Fohlenschau Lienen - wofür man Freunde hat!
Von bemerkenswerten Ereignissen, kleinen Gesten und der grossen Freude
an einem bunten Stück Papier ...
Als
mich zu Beginn der Woche die gewichtige Bitte ereilte, ich möge doch mit
meinem Springfohlen zur Fohlenschau nach Lienen fahren, gab es wenig,
was ich dem entgegenzusetzen hatte. Amelie rief spontan: "Ich fahr
mit!", und selbst Stutenfee Ingrid meinte: "Da kannst du doch ruhig noch
mit Carly hinfahren, die ist erst vor zwei Tagen besamt worden, da hat
sich noch kein Follikel eingenistet, dem Schaustress schaden könnte."
Als dann auch Freund Tönne sofort zusagte, er käme für uns nach Lienen
und würde selbstverständlich mit all seinen fohlenflüsterischen Talenten
dem kleinen Karlchen beistehen, war mir auch das letzte Argument
genommen. Über mangelnde Hilfe, ohne die so eine Fohlenschau einfach
nicht geht, konnte ich mich wahrlich nicht beklagen. Wie schön, wenn man
solche Freunde hat!
Das Projekt Fohlenschau konnte also beginnen und Stutenfee Ingrid und
Stutenvater Gregor hatten ihren Spass daran, mit welchem Eifer Amelie
und ich uns bereits am Abend zuvor daran machten, Carly schaugerecht
vorzubereiten. Dabei wollte ich Amelie mit dem feuchten Handtuch in der
Hand eigentlich nur den feinen Unterschied zwischen "Carly muss nicht
sauber sein," und "sie darf nur nicht dreckig aussehen!" anschaulich
erklären. Am Ende wurde daraus ein heiterer Samstagabend, an dem wir auf
der Stallgasse um Carly herumwuselten, die uns einmal mehr mit ihrer
unglaublichen Ruhe und Gelassenheit tief beeindruckte. Die grösste
Freude an dem munteren Treiben hatte Karlchen, der dabei neugierig auf
der Stallgasse herumlief und wirklich alles begutachtete und
anknabberte, was wir aus dem Turnierschrank zauberten.
"Man könnte meinen du wolltest Carly zum Grand Prix-Reiten rausputzen!",
unkte Stutenfe Ingrid angesichts unserer Vorbereitung und auch
Stutenvater Gregor war amüsiert von der wendyhaften Strebsamkeit, mit
der ich mich ans Werk machte. "Soll ich schonmal die Hufe fetten?",
fragte Amelie hilfreich während ich noch dabei war, die Hufe sauber zu
schrubben. Gleichwohl, ich hatte nicht mit Amelies Eifer gerechnet: Sie
hatte das Fett ruckzuck auf ihrer Seite verteilt und so kam es, dass
Carly links zwei saubere und rechts zwei gefettete Hufe hatte...
Herrlich!
Pferdeflüsterer Tönne - es gibt niemanden, der besser mit Fohlen
umzugehen versteht. Und ja, ich schätze mich sehr glücklich solche
Freunde zu haben!
Ich
hatte eine Menge Zeit damit verbracht zu Hause, im Keller, im Stall und
selbst im Kia (man weiss nie, was man ganz unten im Auto noch alles so
findet!) nach den rundgenähten Trensen von Bunny und Fabrice zu suchen.
Gefunden habe ich sie schliesslich direkt auf Kopfhöhe an der Küchentür,
wo ich täglich daran vorbeilaufe, sie aber ganz offensichtlich nicht
sehe. Altersdemenz?
Ganz offensichtlich war ich schon sehr lange auf keiner
Schauveranstaltung mehr mit meinen Fohlenstuten gewesen ...
Doch als ich dann stolz mit meinen rundgenähten Trensen in den Stall kam
rief Amelie spontan:
"Das ist doch nicht nötig! Wir nehmen meine gute Turniertrense!",
sprachs und kam mit einer strahlend funkelnden Lacktrense um die Ecke
gebraust, deren Glanz mich gute Teile meines Augenlichtes gekostet
hätte, hätte ich nicht ohnehin schon eine Sonnenbrille getragen. An
Strasssteine war ich mittlerweile ja gewöhnt, Glanzlack im Zusammenhang
mit "Pferd" allerdings war mir neu. Und wie das glänzte! Und sie passte
auf Anhieb, wir mussten nicht einmal die Schnallen verstellen. Ich war
beeindruckt.
Carly glänzt und funkelt ganz ohne Fotoshop!
Und ich war sofort bereit Amelie zu verzeihen, die meine altehrwürdigen
rundgenähten Schautrensen ganz offensichtlich als das ansah, was sie
sind:
outdated. ...
Schwer beeindruckt hat Amelie mich dann als ich sie fragte, ob sie
einnähen könne?
"Das kann ich! Das mach ich! Ich mach das mit Haarnadeln, das geht
schneller. Wieviele Zöpfe willst du? Viele kleine oder nur ein paar
grosse?"
Donnerwetter!
Zugegeben, die Frage war auch nicht ganz selbstlos und durchaus ein
kleines bisschen suggestiv gewesen ...
Und so kam es also, dass wir uns am Sonntagmorgen (halb neun nach m e i
n e r Zeit, wohlwissend, dass Amelies Zeit durchaus auch mal ein halbe
Stnde hinterher sein kann...) erneut mit reichlich Utensilien um Carly
herum auf der Stallgasse wiederfanden und uns das Pferdchen wie folgt
aufteilten:
Vorn und hinten ich, in der Mitte Amelie.
Und in der Tat hatte Amelie die fabelhaften Zöpfe fixer hergerichtet,
als ich Carly's Schopf und Schweifrübe eingeflochten hatte. Ich staunte
nicht schlecht!
Amelie aber auch. Schweifrübe einflechten fand sie toll. "Kann ich aber
nicht", rümpft sie das Näschen.
"Muss man auch nicht", sagte Stutenfee Ingrid. "Das macht man doch heute
nicht mehr."
Outdated.
Oha!
Da waren Amelie und ich allerdings entschieden anderer Meinung und
fanden, dass Carly hochnobel mit ihrem eingeflochtenen Schweifchen
aussah.
Abgesehen davon war ich ziemlich stolz, dass Amelie auch noch was von
mir lernen konnte in Sachen Schauputz.
Mit der bewährten Hilfe von Stutenfee Ingrid und Gregor waren Carly und
Karlchen zügig verladen und los gings.
Amelie kannte den Weg, "nur zwei Mal links und zwei Mal rechts!", und
ich hoffte inständig, sie wusste auch, wie wir die dreissig Kilometer
bis zum ersten der zwei Links finden würden.
Sie wusste.
Viel zu früh kamen wir in Lienen an und als dann alsbald auch Tönne
auftauchte war ich endgültig beruhigt. Nun konnte wirklich nichts mehr
schief gehen!
Allerdings hatte ich die Rechnung ohne das Team aus Wettringen gemacht.
"Unser Team wird zahlreich vor Ort sein und jedem unserer Züchter
helfen, da wird niemand allein gelassen!", so hatte der Chef getönt, als
ich vorsichtig gefragt hatte, ob denn wohl auch jemand zum Vorführen vor
Ort sei.
Und so kam es, dass wir uns unversehens in einem summenden Bienenschwarm
von Freunden und Helfern der Hengststation Beckmann wiederfanden und ich
war ganz und gar gerührt. Zeitweise befanden Tönne, Amelie und Eva
sich gar zu dritt auf dem Anhänger zum Auftrensen und Abladen
und ich war froh, dass ich dem Rat meiner Stutenfee gefolgt war und die
Trennwand rausgenommen hatte. So war doch zumindest genügend Platz für
reichlich Helfer auf dem Anhänger bei den Rössern ...
Der brave Paul Tepe übernahm versiert die Anhängerklappe, Eva und
Mareike waren stets zur Stelle. Es waren all diese kleinen Gesten, die ich dankbar warhnahm und die
diese Schau zu etwas ganz Besonderem machten.
Still und leise machte ich mich mit der Kamera in der Hand aus dem
Staub. Carly und Karlchen wusste ich bei Tönne und Amelie in besten
Händen, Team Beckmann sorgte für die Ablauflogistik unter seinen
diversen schutzbefohlenen Züchtern und Holger Rohlmann bot an, Carly
vorzuführen. Was für ein grossartiger und herzlicher Service! Mareike,
Eva, Paul und Holger - von Amelie und Tönne gar nicht zu reden!
Natürlich fand Karlchen alsbald seine Fans, und reichlich davon.
Familie mit Kind und die höfliche Frage ob man das Fohlen streicheln und
auch mal fotografieren dürfe? Tönne unterrichtete das Kind gewissenhaft
im Fohlenstreicheln und machte die Eltern glücklich. Das Kind sowieso.
Ich sah von weitem zu und strahlte still in mich rein. Was für eine
herrliche Party!
Mehrfach wurde ich angesprochen auf dieses schöne Fohlen, meine
stereotype Antwort lautete:
"Wir sind heute sicher nicht die Besten, aber ganz sicher die
Schönsten!"
Und ich konnte mich selber nicht sattsehen an dem hinreissenden
Karlchen, der sich geradezu mustergültig in Tönne's Obhut benahm.
Als Holger dann mit Carly und Karlchen in die Bahn kam hockte ich still
mit meiner Kamera in einer Ecke und liess die Dinge auf mich zu kommen.
Ich verfolgte das Geschehen durchs Objektiv und war ganz und gar
verblüfft, als Karlchen geradezu mustergültig und taktvoll neben Carly
daher trabte!
Und wie er trabte!!! Holger machte einen fantastischen Job als
Stutenführer und hatte das perfekte Tempo und fand ganz nebenbei auch
die Idealposition für Carly, die sich ebenso zu einem Hingucker an
seiner Hand entwickelte. Ich war selber ganz und gar beeindruckt von
meinem hinreissenden Duo!
Hinter mir wurden Stimmen laut, "was für ein schönes Fohlen!", "ja, aber
guck dir mal die Stute an, die gefällt mir ja noch besser!", "tolles
Fohlen!", "tolle Stute!".
Mit allem hatte ich gerechnet aber nicht damit.
Als Holger mit den beiden vom Platz kam gab es spontan begeisterten
Applaus und es war deutlich mehr als nur Höflichkeitsapplaus.
Das hatte ich zuvor noch nicht gehört und mir standen die Tränen in den
Augen. Ich fiel dem braven Holger um den Hals und war überglücklich!
Geradezu selbstzufrieden strahlte Tönne neben mir und sagte: "Ich habs
dir doch gesagt, das habe ich doch gewusst!", und nahm das kleine
Karlchen sogleich wieder in seine Obhut. Amelie strahlte derweil wieder
mit der mustergültig gelassenen Carly um die Wette und ich stand völlig
neben mir.
So schön!
"Pass mal auf", sagte Tönne, "der Kleine gehört in den Endring und da
kommt er auch hin!"
Endring?
So weit hatte ich noch gar nicht gedacht.
überragendes Siegerfohlen von Nubalou aus beeindruckender Mutter von
Calido
Tatsächlich hatte ich nicht einmal damit gerechnet, dass hinreichend
Springfohlen für einen separaten Springring vor Ort sein würden.
Gut 15 Fohlen hatte die Schau in den letzten Jahren aufgeboten, so weit
hatte ich immerhin im Vorfeld recherchiert.
Doch ich hatte die Rechnung erneut ohne das Team Beckmann gemacht. Dort
war im Vorfeld angefragt worden, ob man nicht ein paar Züchter zwecks
Schaubesuch motivieren könne? Mathieu Beckmann hat seine Züchter im
Griff. Knapp dreissig Fohlen traten an, mehr als die Hälfte davon
rekrutierte sich aus dem Dunstkreis der Station in Wettringen und ich
war schwer beeindruckt, als ich die Starterliste sah. Allein zehn
Springfohlen darunter, das war mehr als die meisten Schauen heutzutage
aufbieten.
Karlchen hat im Endring interessiert die flatternde
Schleife im Blick - Recht hat er!
Und Tönne sollte recht behalten, Karlchen wurde für den
Endring nominiert und als eines der besten Springfohlen an dritter
Stelle herausgestellt. Der gefällige Kommentar des niederländischen
Richters ging mir runter wie Butter: "Eine ganz gelungenes junges Fohlen
aus einer Halbblutstute, mit Takt und Ausdruck und ganz locker. Diesem
sehr jungen Fohlen fehlte heute noch so ein bisschen die Kraft. Ein paar
Tage älter, und dieses Fohlen hätte sicher weiter vorn gestanden! Ganz
interessant gezogen aus einer schönen Halbblutstute, vielleicht durch
den Vollbluteinfluss nicht die Grösste, aber eine tolle Blutstute!"
Und ich hatte mir Gedanken gemacht, meine Carly ginge als
Halbblutstute in der kritischen Öffentlichkeit unter ...
Sie war im Gegenteil ein Bild von einem Pferd!
Mehrfach wurde ich dann auf diese "herrliche Halbblutstute!"
angesprochen und tatsächlich auch gefragt, ob ich Mutter und Kind oder
einen von beiden denn zu verkaufen gedenke.
Tönne antwortete spontan:
"Wenn Sabine diese Stute verkauft kriegt sie aber richtig Ärger mit
mir!"
Schön, wenn man solche Freunde hat!
Und dann kam Heinz Farwick, Pferdemann durch und durch. Ich schätze
ihn als einen versierten und umsichtigen Pferdekenner seit meiner Zeit mit Fabrice bei Michael, als Michael noch Fidermark
ritt. Heinz
gratulierte mir sehr herzlich und dann schimpfte er wie ein Rohrspatz: "... und ich sage dir, dein
Fohlen hätte ganz nach vorn gehört! Und das hab nicht nur ich so
gesehen! Da sind einige die sofort gesagt haben, das muss das
Siegerfohlen werden! Wo gibt es denn sowas! So ein tolles Fohlen, noch
dazu aus einer Halbblutstute, und guck dir bloss mal deine Stute an!
Sabine, mit so einer schönen Halbblutstute kannst du einfach alles
anpaaren und züchten was du willst!"
Ich war ganz und gar gerührt und habe mich riesig über Heinz' geradezu
emotionalen Ausbruch gefreut!
Eine solche Wertschätzung aus diesem berufenen Mund bedeutet mir sehr,
sehr viel. Meine Carly werde ich von heute an sicherlich mit anderen
Augen sehen.
Oder, wie Mathieu Beckmann später nachdrücklich formulierte:
"Du musst einfach mal öfter mit deinen Fohlen zur Schau fahren, dann
weisst du auch was du an deinen Stuten hast!"
Und das musste jetzt einfach alles mal sacken.
Und wieder sitze ich hier und schreibe mir die Eindrücke von der Seele
und lebe dadurch den emotionsreichen Tag ein weiteres Mal.
Eindrücke, die man mit Geld nicht kaufen kann. Unbezahlbar.
Dazu
Amelies und Tönnes selbstlose Hilfe, Holgers beherzte Vorstellung, all
die hilfreichen Gesten aller Beteiligten. Es sind eben immer die kleinen
Dinge im Leben.
Ein nobles Lederhalfter haben wir bekommen und die weisse Schleife
dazu. Und ich weiss jetzt schon, dass diese Schleife wohl den ganzen
Sommer im Kia auf dem Amaturenbrett mitfahren wird und ich werde mit
jeder Fahrt meine grosse stille Freude an dem kleinen bunten Stück
Papier haben.
14.5.2018
Wer liest sich nicht gern in der Zeitung?
Artikel der
Westfälischen Nachrichten zum Züchterfrühschoppen in Lienen:
21.5.2018 "Karlchen im Glück!"
Zahlreicher Fohlenbesuch und endlich die Gelegenheit, auch das
Quäntchen
Glück zum Foal Eventing in die Geheimnisse des Waldes einzuführen - und
natürlich war auch Karlchen mit von der Partie, der sogleich zur
Höchstform auflief!
Dank Heike und den Kindern gibt es hierzu sogar ein kurzes Video -
absolut sehenswert! - Karlchen im Busch! Video
23.6.2018
Das erste Westfalen-Fohlen!
Anlässlich der grossen Stuten- und Fohlenschau in Wettringen wird Karlchen
erneut an dritter Stelle in seinem Ring herausgestellt und Carly erhält die
Verbandsprämie des westfälischen Verbandes! Dabei hatte ich den hannoverschen
Hofbrenntermin bereits für alle fünf Fohlen dieses Jahrgangs arrangiert und
Karlchen gedanklich als Hannoveraner betrachtet. Carly sowieso. Mit ihrem H auf
dem Schenkel wäre die Eintragung ins hannoversche Hauptstutbuch nur eine
Formalität. Doch manchmal kommt es eben anders als man denkt.
Nach dem schönen Erfolg meines "springbetonten" Duos in Lienen hatte ich mich
gern bereit erklärt, Carly und Karlchen auch in Wettringen auf der Fohlenschau
zu zeigen w e n n, ja, wenn Carly zu dem Zeitpunkt nicht bereits erneut tragend
sei von Capistrano. Die traurige Botschaft von der Nichtträchtigkeit bereits in
zweiter Runde von Capistrano erreichte mich zu Wochenbeginn. Daran hatte ich arg
zu knabbern, denn nur zu gern hätte ich ein Stutfohlen von Capistrano ganz in
dem Format wie Karlchen eines ist ...
Nun gab es aber keinen Grund mehr, nicht mit meinem Duo nach Wettringen zu
fahren. Wir reisten bereits mittags an und bekamen eine komfortable Gastbox mit
reichlich Heu zur Verfügung gestellt. Ein Service, den ich nur mit grossem Dank
quittieren kann. Bequemer ging es wirklich nicht für meine beiden vierbeinigen
Protagonisten. Karlchen lag zügig im sauberen Stroh und schlief. Und da lag er
auch als Freund Heinz drei Stunden später zum Schaubeginn erschien. Heinz hatte sich in
Abwesenheit von Tönne und Amelie als tatkräftiger Helfer zur Verfügung gestellt. Weil Amelie selber zum Turnier unterwegs war, war auch die funkelnde
Lacktrense diesmal nicht mit dabei. Weshalb Carly heute etwas weniger strahlte
und funkelte als in Lienen. Die dicken runden Zöpfe hatte Amelie aber heute
morgen noch vor ihrer Abreise ans Pferd gezaubert und ich habe mich sehr darüber
gefreut. Heinz hatte Carly schon aufgetrenst und blickte etwas irritiert auf das
schlafende Karlchen, der sich - ganz seinem Phlegma aus ersten Tagen treu -
einfach durch nichts aus der Ruhe bringen liess. Auch nicht durch freundliche
Klopfer auf den kleinen Hintern. Karlchen schlief und steckte ob der Popoklopfer
den Kopf noch etwas tiefer ins Stroh.
Ich musste herzlich lachen. Dieses Fohlen ist einfach der Knaller!
Es blieb mir selber nichts anderes übrig als mich neben das Fohlen ins Stroh zu
setzen um überhaupt ein Halfter auf das Köpfchen zu ziehen. Nachdem Karlchen das
Köpfchen mal aus dem Stroh reckte. Das Aufhalftern nahm er gelassen hin und
blieb liegen. Erst als wir Anstalten machten, mit Carly die Box zu verlassen,
war Karlchen auf den Beinen. Gemässigt engagiert nur, aber immerhin. Einmal mehr
machte dieses Fohlen mich mit seinem unglaublichen Interieur breit Grinsen. Die
helle Freude.
Am Schauplatz angekommen trafen wir auf Holger Rohlmann dem ich mit Kusshand
Carlys Zügel übergab. Never change a winning Team! Holger hatte einen
fantastischen Job in Lienen gemacht und ich war sehr erleichtert, ihn auch hier
wieder als Vorführer in Anspruch nehmen zu dürfen. Heinz hatte derweil das
Karlchen gut in Griff und ich tat, was ich auch in Lienen getan hatte:
Ich machte mich leise mit meiner Kamera aus dem Staub ...
Die Herren kamen bestens ohne mich klar!
Durchs Kameraauge bekam ich nur wenig von der Vorstellung mit, vom Drumherum
sowieso nicht. Immerhin, Karlchen trabte! Ich hatte mit ausgelassenem Toben und
Bocken
gerechnet, stattdessen blieb er brav an Carlys Seite und Holger traf wie immer
stets das richtige Tempo. Lockeres taktsicheres Traben, soviel bekam ich mit.
Erst als ich später die Fotos hochludt realisierte ich, dass Karlchen eine
wahrhaft schöne Runde hingelegt haben musste - fast jedes Foto ein Treffer!
Tatsächlich wurde dann auch Karlchen erneut an dritter Stelle seines Ringes
herausgestellt, "locker und beweglich", und die "interessante Abstammung mit dem
reinen Vollblutstamm dahinter" fand Erwähnung. Da wunderte mich dann auch der
freundliche Kommentar des Zuchtleiters Wilken Treu nicht mehr, als er mit einem
strahlenden Lächeln im Gesicht sagte: "Die beiden gefallen uns! Da machen wir
eine Verbandsprämienstute von!"
So kam es also, dass Heinz und ich etwas verblüfft mir Carly und Karlchen zum
westfälischen Brennwagen zogen. Manchmal kommt es eben anders als man denkt.
Nach fünfzehn Jahren Pferdezucht in Münster ist Karlchen nun mein erstes
westfälisches Fohlen und Carly meine erste in Westfalen eingetragene Stute - mit
Verbandsprämie im hannoverschen Papier. Ein Treppenwitz der Geschichte
eigentlich, der durchaus seiner Erklärung bedarf.
Als ich vor dreizehn Jahren mit Ionia, Carlys Mutter,
den Schritt vom Vollblut in die Warmblutzucht wagte, lagen die Karten offen auf
dem Tisch. Es hatte seinen Grund, dass Fabrice und Fannie Mae trotz ihrer
rheinisch-westfälischen Abstammung nie in Handorf registriert waren. Dennoch war
ich durchaus geneigt, das Igelchen westfälisch eintragen zu lassen und so
zumindest mit einer Stute "heimatnah" zu züchten. Weshalb ich das Gespräch mit
dem damaligen Zuchtleiter Dr. Marharens suchte und ihn nach seiner Meinung
fragte, mit einer Vollblutstute in Westfalen vorstellig zu werden. Die Antwort
war bemerkenswert:
"Ach, lassen sie das doch mit den Vollblütern. Wenn Sie unbedingt
Vollbluteinsatz pflegen wollen, dann nutzen Sie doch die blutgeprägten Hengste
in Hannover, dann müssen wir uns hier in Westfalen nicht mit der leidigen F1
abgeben."
Grosse Worte eines Zuchtleiters. Ich war beeindruckt.
"Disqualifizierend" war
noch das Geringste, das mir zu diesem Statement einfiel.
Unprofessionell, destruktiv und demotivierend. Und durchaus
geschäftsschädigend.
Dabei hatte der Mann das Pferd zu diesem Zeitpunkt nichteinmal gesehen. Ich zog
meine Konsequenzen und stellte Ionia kurz darauf in Ankum vor.
Dr. Bade leitete damals die Kommission in Ankum und trug das Igelchen ganz und gar
euphorisch ("Donnerwetter! Das ist ja mal ein Vollblut, das richtig traben
kann!") gleich mit v i e r Achten ins Hannoversche
Hauptstsutbuch ein. Der Rest ist Geschichte.
Fortan wurden alle meine Fohlen hannoversch oder oldenburgisch gebrannt.
Wenn nun heute ausgerechnet Karlchen als jüngster Spross dieser Vollblutfamilie mein
erstes westfälisches Fohlen wird und Mutter Carly als direkte Vollbluttochter
und mithin Vertreter der "leidigen F1" ausgerechnet in Westfalen mit der Verbandsprämie ausgezeichnet
wird, dann ist das durchaus ein Treppenwitz der Geschichte.
Ein ganz und gar bemerkenswerter dazu.
Wollen wir hoffen, dass Carly alsbald erneut tragend wird von dem westfälischen
Landbeschäler Capistrano und so ausgerechnet das Vollbluterbe meiner Zucht wider
alle Anfänge künftig in Westfalen seine Fortsetzung findet. Der gute Wille
aller Beteiligten fünfzehn Jahre später ist ein schöner Anfang.
16.8.2018
Die lange Dürre dieses Sommers ist auch an uns nicht spurlos vorbei gegangen.
Die Weiden haben sich in eine Steppenlandschaft verwandelt.
Karlchen ist inzwischen zu einem echten Sohn seines Vaters gereift. Capistrano's
Linien, Riss und Partien hat er beibehalten, inzwischen sieht man Vater's Guck
auch im Gesicht. Das Foto zeigt den abendlichen Aufgalopp zur Weide, die seit
Wochen mit reichlich Heulage über Nacht bestückt ist.
9.9.2018
30.9.2018
12.10.2018
... unknown flying object in the background...
13.4.2019
Wesermarsch - Weideauftrieb der Junghengste
13.6.2019
Besuch in der Wesermarsch bei den Junghengsten
Eine Autostunde weiter nördlich am Mellumer Riff
17.3.2020
Gemeinsam mit seinen Aufzuchtkumpeln wurde Karlchen heute umfassend getüvt.
Etwas sprachlos war ich dann doch ob des Aufwandes, den das Protokoll hergab:
18 Bilder nebst Rücken, es
war nichts ausgelassen worden. Wenn der Klinikchef dann persönlich am
Telefon verkündet, er habe selten so makellose Aufnahmen gesehen und herzlich
zu dem Pferd gratuliert, dann ist das durchaus eine Notiz wert.
Karlchen ist zwei Jahre alt und Carlys Erstling. Ein guter Tüv sagt noch nichts
aus über die Qualität als Sportpferd, aber ein guter Tüv an einem zweijährigen
Hengst ist eine erste Referenz auch an die Vererbung der Mutter. Carly ist zur
Stammstute meiner blutbetonten Springpferdezucht auserkoren und ich weiss wie
wichtig es ist, bei einer Zuchtstute auf unkritische Erbrelevanz in Hinblick auf
Tüvs zählen zu können.
Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer, aber eine so gelobte
Schwalbe ist bereits ein guter Anfang!
24.4.2020
Zu Besuch bei Karlchen, Kunterbunt und Fabelhaft
Seit ein paar Tagen sind Enjoy,
Imagine und Karlchen nun Wallach. Die Jungs haben den Eingriff gut
überstanden, Karlchen läuft guter Dinge in seiner gewohnten Aufzuchtherde. Es
ist die Zeit der Weideauftriebe, Enjoy und Imagine sind bereits an der See.
Karlchen und seine Aufzuchtkumpel treten morgen die Reise ins Marschland an. Ich
wollte die Gelegenheit nutzen und Karlchen zuvor noch einmal daheim besuchen.
Rundum gut in Schuss ist Karlchen zu einem ansehlichen Zweijährigen gereift. Von dem
zarten kleinen Erstling ist nichts geblieben, ich bin beeindruckt!
Reichlich Conen, -wer hätte das gedacht?- und das statiöse Fundament erinnert an
Cornet und viele seiner Söhne.
"Vererbung ist ein Autobus voller Verwandtschaft. Man weiss nie, wer als erstes
aussteigt oder noch hinten auf der Bank sitzt ..."
Ich bin gespannt, wer nach dem Weidesommer noch alles bei Karlchen
aus dem Bus steigt ...
30.11.2020
Mit dem letzten Lot Jungpferden ist auch Karlchen wieder von den Marschweiden
zurückgekehrt. "1,64 hat er!", so lautete die kurze aber knappe Nachricht zu
seinem Wiedereinzug in den Laufstall und ich konnte es kaum erwarten, ihn selber
zu sehen.
Weshalb ich alsbald nach Wettringen fuhr, und Karlchen in der grossen Herde
ausfindig machte.
Es mögen 164 Zentimeter sein, dann sind es recht kolossale 164 Zentimeter ...
Starkes Fundament, reichlich Substanz und auch an Rahmen hat er über den Sommer
zugelegt. Die Halsung ist mitnichten mehr mit der von Mutter Carly zu
vergleichen und scheint mehr Reck bekommen zu haben. Und weil Hals im fertigen
Pferd immer auch mit Rücken einhergeht, vermute ich, dass Karlchen sich zu einem
rahmigen Pferd auswachsen wird.
Nach den Erfahrungen mit Butterfly in diesem Sommer, die aufgrund ihres
komfortablen Rahmens gar nicht spüren lässt, dass man nur gut eineinhalb Meter
Pferd unter sich hat, freue ich mich jetzt umso mehr auf das Frühjahr, wenn
Karlchen dann dreijährig zum Anreiten nach Münster kommt.
2.5.2021
Karlchen ist in Münster eingezogen!
Mit seinem Einzug in Münster markiert Karlchen den Beginn meines diesjährigen
"Sommerprojektes" - wie sehr habe ich darauf gewartet! Karlchen ist nun bereits
das neunte selbst gezogene Fohlen, das zum anreiten und ausbilden seine Box in
Münster bezieht und ich kann es gar nicht fassen, wie schnell die Zeit vergeht
...
Mit Caro Lee und Diva hat er
mittlerweile schon zwei Schwestern, die auf dem Hof Altepost heranwachsen, um
hoffentlich einmal das vollblutgeprägte Erbe ihrer Grossmutter
Ionia xx zu pflegen. Hatte ich es damals noch bedauert,
dass Karlchen nicht als Stutfohlen zur Welt kam, bin ich heute dankbar darum,
erstmals einen Wallach im Stall zu haben, der möglicherweise einmal Silas'
Nachfolge als mein Reitpferd antritt, vor allem aber ganz sicher nicht gleich
wieder gedeckt wird ... Und ich vermute, meine Stutenfee sieht das ähnlich :-)
Mein Dank gilt der Hengststation Beckmann in Wettringen, die nicht nur Karlchen
im soliden Herdenverband seiner damaligen Jahrgangsgefährten in professioneller
Obhut und Aufzucht grossgezogen hat, sondern auch der Züchterin mitunter Zweifel
austreiben musste. ... inclusive der immer wieder energischen Hinweise des
Chefs: "Mach dir mal keine Gedanken - der wird schon gross genug!" Und ich muss
schon wieder lachen, wenn ich an Mathieus regelmässige gutgemeinten Ansprachen
denke. Karlchen ist das Paradebeispiel für den Spruch "Vererbung ist ein Autobus
voller Verwandtschaft: man weiss nie, wer als erstes aussteigt oder noch auf der
Rückbank sitzen geblieben ist!" Mit seinen drei Jahren hat Karlchen alle
möglichen hippologischen Entwicklungsstufen durchlaufen, und zwar radikal. Aus
dem jungen Fohlen, formschön und blutgeprägt wie ein englischer Stich, wurde
erst ein knubbeliges Quaterhorse auf massivem Fundament, im letzten Winter
erinnerte er dann sehr an Mutters ponyhaft gesteckten Kleinpferdetypus. Und
wieder tönte es energisch, "mach dir mal keine Gedanken - der wird schon
...!" Und Mathieu sollte Recht behalten. Als Karlchen gestern erstmals neben
Silas auf der Wiese lief, habe ich mir tatsächlich die Augen gerieben. Was für
ein formschönes junges Pferd! Noch voll in der Entwicklng stehend im
mittsechziger Mass, linienbetont, durchaus charmant und einfach gefällig
anzusehen - ich konnte nicht genug davon bekommen!
Ich ahne, dass Vater Farwick möglicherweise Recht hatte, als er angesichts
Carlys und Karlchens Auftritt auf der Fohlenschau in Lienen vor drei Jahren
spontan ausrief: "... so ein tolles Fohlen, noch dazu aus einer Halbblutstute,
und guck dir bloss mal deine Stute an! Sabine, mit so einer schönen
Halbblutstute kannst du einfach alles anpaaren und züchten was du willst!"
Möglicherweise ist das wirklich so und der Vollbluteinfluss kommt nun in der
zweiten Generation tatsächlich vorteilhaft zum tragen. Züchten heisst, in
Generationen denken. Vollbluteinfluss ganz besonders.
Karlchen und Silas haben bereits zu einer echten Männerfreundschaft gefunden,
auf der Weide, und auch im Stall. Der eine wiehert dem anderen schon zu, wenn
sie nicht gleichzeitig aus der Box kommen (rein und raus geht derzeit noch nur
synchron, wenn Silas gut sichtbar auch vor Karlchens Box steht), und auf der
Weide sieht man sie zufrieden nebeneinander grasen (Gott sei Dank ... ). Silas
gibt wie immer den Fels in der Brandung und hilft dem jungen Pferd sehr, mental
mit der Umstellung fertig zu werden und in der neuen Umgebung anzukommen. Was
ihn aber auch nicht davon abhält, Karlchen bereits eine denkwürdige Anekdote ins
Tagebuch geschrieben zu haben. Während Karlchen in der Box bereits
vertrauensvoll Nähe sucht, ist auf der Wiese kein Drankommen an das junge Pferd.
Karlchen kennt weder Leckerwürfel, noch Äpfel oder Möhren. Die Möhren, die er
gestern Abend ganz wie Silas in seinem Heuhaufen liegen hatte, konnte ich heute
Morgen allesamt beim Boxen misten wieder aus dem Stroh fischen. Weshalb ich
mittags schlauer war und zunächst hauchdünne Möhrenraspeln in Karlchens Trog
schnippelte und gefällig unter den Hafer mischte. Siehe da: in Form von
selbstgemachtem Naturmüsli waren die hauchdünnen Scheibchen fast alle aus dem
Trog verschwunden!
Wer also glaubt, mit einem Apfel oder einer Möhre könne man jedes Pferd locken,
der hat noch nie ein junges Pferd aus dem reinen Herdenverband im Stall gehabt.
Es ist nicht möglich, das junge Pferd auf der Weide mit einer Möhre zu locken,
weil Karlchen noch nicht versteht, was man da eigentlich in der Hand hält. Kein
Problem, sollte man meinen. Solange er sein Halfter trägt und stets hinter Silas
herläuft, ist es mit etwas Geduld möglich, ihn auch auf der Weide am Ausgang
wieder an den Führstrick zu bekommen. Dumm nur, wenn Silas bei seinen Kabbeleien
(und die betreibt er auch im Alter von zwanzig Jahren noch zu gern ...) Karlchen
das Halfter abzieht. Mir rutschte das Herz in die Hose, als ich Karlchen heute
Mittag blank und ohne Halfter guter Dinge um Silas herumspringen sah. Da war
guter Rat nun teuer und ich liess umgehend Pferdeflüsterer Tönne einfliegen im
sicheren Vertrauen, dass Tönne es schon richten würde... Und Tönne kam und
vollbrachte seine Magie im Zwiegespräch mit Karlchen. Es war eine Freude, dem
rüstigen Pferdemann zuzusehen, wie er sich mit Bedacht und Ruhe an das
dreijährige scheue Pferdchen heranflüsterte und nach ein paar Minuten ("geh' und
hol mal eine Haferschüssel!") das Halfter über den Pferdekopf zog. Da stand ich
nun mit meiner Haferschüssel in der Hand, die gar nicht mehr nötig war, und war
einfach nur beseelt und dankbar. Wohl dem, der einen solchen Pferdeflüsterer zum
Freund hat - danke, Tönne!
Heute Abend stand dann vor allem anderen als erste Lektion "Möhrchen lernen!"
auf dem Programm. Aus den hauchdünnen Schalen wurden groschendicke Schnipsel,
wie sie sich schon bei Butterfly und Ladybird bewährt hatten. Siehe da: die
ersten Schnipsel fanden schnaubend ihren Weg ins Pferdemaul und wurden gefällig
gekaut! Die restlichen Schalen aus dem Trog waren auch ausgeleckt. Gelernt ist
gelernt. Unsere lange Reise des Ausbildens und Anreitens beginnt mit winzigen
ersten Schritten - notwendige Meilensteine für Karlchens Selbstverständnis! Das
wird ein ereignisreicher Sommer ...
24.5.2021
Karlchen auf dem Weg zum Reitpferd
Die helle Freude jeden Morgen, Karlchen und Silas gemeinsam auf die Wiese zu
bringen und zuzusehen, wie zufrieden die beiden ihren Tag beginnen! Eine schöne
Routine hatten wir mittlerweile entwickelt und heute morgen beschloss ich dann
nicht nur der Fotos wegen, Karlchen auch auf der Wiese das Halfter endlich
abzunehmen. Der vertrauensvolle Kerl würde auch ohne Halfter mit uns in den
Stall zurück laufen. Das grössere Problem war inzwischen, dass Karlchen schon
beim aufhalftern stets nach Möhren in meiner Tasche suchte und das Halfter dann
mitunter schonmal quer auf dem Kopf sass...
Was hatte das junge Pferd nicht alles gelernt in den letzten drei Wochen!
Handpferd und Bahnübergang, Eisenbahn, Ponykutsche, rauschende Bäche und
Böschungen, die kleine Halle stressfrei auch allein,
Sattel, Trense, Longieren und ganz besonders Freispringen!
Wenn ich mit Karlchen in die kleine Halle kam, baute ich ihm gern einen Sprung auf aus
allem, was dort zur Verfügung stand: ein Hocker, ein grosser blauer Gymnastikball, und
natürlich auch richtige Sprungständer. Meist hatte ich den Sprung noch gar nicht
fertig aufgebaut, da war Karlchen schon einmal hin und und wieder zurück
darübergehüpft! Der brave Kerl sollte und wollte einfach beschäftigt werden und
meine grösste Sorge war, ihn nicht zu langweilen. Überfordern wollte ich ihn
aber auch nicht.
Zwei, drei Mal allein am Halfter an der Longe und er hatte begriffen, was er zu
tun hatte. Ein paar Runden nur rechtsrum und linksrum jedes Mal nur, und mit
Michaels Hilfe sorgten wir dafür, dass auch die offene Seite "rund" gelaufen
wurde. Michael war es auch, der erstmals eine richtige kleine Freispringgasse
mit mir aufbaute und Karlchen fluppte lässig über Stange - Kreuz - Stange und
beim zweiten Mal Freispringen auch über zwei Sprünge in der Reihe, Stangen auf dem Boden
jeweils davor und dahinter. Rhytmus, Übersicht, Gelassenheit und Körper - mir
lachte das Herz! S o muss Springpferd!
Ich begann inständig zu hoffen, das Karlchen neben all seinem unkomplizierten
neugierigen Wesen, Ruhe und Übersicht auch die gewünschte Einstellung, Fähigkeit und
Vermögen zum Springpferd in sich trug. Vermögen wollte ich keinesfalls an- und
austesten. Dass der brave Kerl Springen kann, war schon an den kleinen Oxern
offensichtlich. Wichtig war die Einstellung. Ein zweiter Shannon sollte bitte
davon werden ...
Tatsächlich war ich hellauf begeistert, als Karlchen das erste Mal ganz
selbstverständlich durch die dunklen Pfützen spazierte, die Silas noch heute am
liebsten weiträumig umgeht. Nachdem er die dunklen Flecken erstmals mit der Nase
erkundet und festgesetllt hatte, dass man daraus auch saufen konnte, waren
Pfüzten eben Pfützen. Man konnte darin stehen, oder auch einfach hindurchlaufen.
Oh Karlchen!
Das war der Tag, an dem ich zu hoffen begann, dass möglicherweise auch das
unerschrockene Buschpferd in ihm schlummert, das ich mir so sehr seit Shannon
noch einmal wünsche...
Tatsächlich ist Karlchen aber bei all seiner liebenswerten Unkompliziertheit
auch ein sensibles Pferd. Vom ersten Tag an liess er Kontakt von vorn und von
hinten zu, von der Seite jedoch, auf Rückenhöhe, war kein Drankommen möglich und
er wich jedes Mal rückwärts aus. In der Box, frei auf der Stallgasse oder auf
dem Putzplatz mit dem Strick über dem Hals, auf der Weide sowieso. Ein absolutes
Rätsel. Von hinten stand er wie eine Eins. Von vorn sowieso. Seitlich wich er
konsequent rückwärts aus. Ruhig, aber nachhaltig rückwärts. Flugs kam also das
Höckerchen zum Putzen wieder ins Spiel, um seitliche Annäherung bewusst auch von
oben zu üben und ich begann mit Karlchen, wie ich es schon mit Ladybird
praktiziert hatte: in Ruhe jeden Tag aufs Neue nach der Arbeit seitliche
Annäherung bewusst vom Hocker aus üben. Das Ziel war, dass er mir ohne
auszuweichen von oben über
seinen Rücken gebeugt von der anderen Seite Möhrchen aus der Hand nahm. Dies war die kritische Position, wenn es später
Mal ans Aufsitzen ging und das musste einfach sitzen. Eine zweite unvermutetet
Panik beim ersten Aufsitzen wie bei Ladybird wollte ich von vornherein
ausschliessen. Und so nahm ich mir Zeit. Viel Zeit. Tatsächlich gewann er das
meiste Vertrauen, als ich ihm die ersten Gegenstände frei und ohne Anbinden auf
und über den Rücken legte: eine Satteldecke, einen Deckengurt, loses Angurten
von der Seite und stets ein Möhrchen mit jedem nicht-ausweichen .... Es folgte
der Sattel zunächst noch ohne Decke, lose angegurtet und stets ein Möhrchen mit
jedem nicht-ausweichen ... dann die Satteldecke, darauf in Ruhe der Sattel
angestrippt, erneut lose angegurtet und stets ein Möhrchen mit jedem
nicht-ausweichen ... Die Stallgasse rauf und runter und mit jedem Gang ein Loch
weiter angurten und Möhrchen .... So wurde Angurten und die seitlich dazu
erforderliche Annäherung recht schnell zu einer erfreulichen Beschäftigung, die
er vertrauensvoll mitmachte.
Bald waren wir so weit, dass ich ihn stets mit Sattel, Trense und losen Bügeln
in der kleinen Halle freilaufen liess, longierte oder einfach nur springen
liess. Danach folgte dann jedes Mal im Anschluss als nächste Lektion auf dem
Putzplatz die Annäherung vom Hocker über den Sattel - inclusive der Möhrchen von
oben übers Pferd von der anderen Seite angereicht. Das Konzept hatte bei
Ladybird funktioniert, es funktionierte auch bei Karlchen. Ob es sich jedoch zum
Nachahmen empfiehlt, lass ich dahingestellt. Man muss schon etwas verrückt sein,
sich ohne Helfer allein vom Hocker aus so weit über ein junges Pferd zu beugen,
dass man beinahe schon darüberliegt, um von der anderen Seite das Maul zu erreichen
... Ganz bewusst sieht die klassische Reitlehre ein solches Prozedere nicht vor.
Gleichwohl, der Zweck heiligt die Mittel und mir war alles heilig, womit ich dem
Pferd Vertrauen vermitteln konnte.
Unsere gemeinsamen Ausritte als Handpferd an Silas' Seite erfolgten zunächst nur
sporadisch. Silas sollte nur auf hartem Boden Schritt gehen, ich hatte ihn
bewusst seit dem Herbst nicht mehr geritten und wollte den braven alten Kerl so
weit es ging schonen. Schrittreiten nur auf hartem Boden war im Mai
wetterbedingt zunächst nicht wirklich möglich. Karlchen benötigte daher etwas
länger, um zu der üblichen Jungpferderoutine als Handpferd zu finden. In der
dritten Woche absolvierten wir unser Handpferdeprogramm dann regelmässig und es
dauerte nur drei Ritte, bis Karlchen auch ohne zu Kabbeln brav neben uns
herlief. Die Rangfolge war geklärt, Silas war der Chef und Karlchen stellte die
Position nicht mehr in Frage.
Kurios war dann die Szene, als wir auf dem Sandweg parallel zu den Bahnschienen
an der tiefen und inzwischen dicht bewachsenen Böschung an dem Bachlauf entlang
kamen, der hier deutlich laut plätschernd Zufluss von einem Seitenarm fand. Nach
dem vielen Regen rauschte und plätscherte es deutlich wahrnehmbar unter der
dichten Böschung ... Silas kannte die Stelle jedoch seit Jahren und hatte nie
mit dem Ohr gewackelt. Auf ein plötzliches "Kehrt!" war ich ganz und gar nicht
gefasst! Karlchen auch nicht. Der war mehr von dem "Kehrt!" als von dem
Plätschern beeindruckt und wickelte sich erschrocken mit der Longe bis auf den
angrenzenden Acker um uns herum. Nicht witzig. Nachdem ich die Pferde wieder
passig sortiert hatte näherten wir uns erneut der Böschung. Keine Chance, Silas
klemmte, marschierte rückwärts und machte Kehrt. Da war nun guter Rat teuer.
Insbesondere, als Karlchen dann am nächsten Tag an selber Stelle scheute und
Silas gleich mit davon zog. Karlchen scheute nicht vor dem plätschernden Bach
(so weit waren wir noch gar nicht gekommen), sondern weil dies die Stelle war,
an der Silas tags zuvor kehrt gemacht hatte. Es bleib mir nichts anderes über
als meine beiden Rösser zurück zum Stall zu pilotieren und mit Silas nachsitzen
zu üben... Nicht zu fassen! Ein zwanzig Jahre altes Pferd, das alles kennt! Eine
Springgerte hatte ich mir wohlweislich in die Chaps gesteckt und los gings
Richtung Sandweg, Bach und Böschung. Ich war auf alles gefasst. Nur nicht auf
das, was dann passierte. Gar nichts. Silas marschierte am langen Zügel
unbeeindruckt an Bach und Böschung vorbei, hin und wieder her, ganz egal, an
welcher Plätscherstelle ich auch anhielt, er blieb völlig unberührt.
Hallo?
Also tagsdrauf erneut mit beiden Pferden die selbe Strecke abgeritten und ich
war wieder auf alles gefasst. Erneut war es Karlchen, der hier wieder scheute,
aber Silas marschierte tatsächlich ruhig weiter und nach einigen Malen hin und
her war auch dieses Problem gelöst, und zwar endgültig. Braver Silas. Hätten wir
auch gleich so haben können ...
Silas und Karlchen in ihrer Männerfreundschaft zu beobachten, ist immer wieder
schön! So hat Silas mit seinen zwanzig Jahren erneut eine Aufgabe und er nimmt
sie in jeder Hinsicht wahr. Ist Karlchen übermütig, lässt Silas sich gern zum
Toben inspirieren. Tatsächlich kabbeln die beiden auch häufiger auf der Wiese,
als Silas das sonst mit den jungen Stuten getan hat. Allerdings korreliert
Karlchens Kabbellaune deutlich mit dem Grad seiner sonstigen Beschäftigung. Hat
er zwei Tage gar nichts getan, wird er Silas gegenüber gern Mal übermütig. Ist
er aber täglich als Handpferd, in der kleinen Halle freilaufend, in kurzen
Longeneinheiten oder beim Freispringen unterwegs, bummelt er am nächsten Morgen
zufrieden neben Silas her und denkt gar nicht an Kabbeleien. Man staunt, wie
sehr selbst so dosierte Arbeit ein junges Pferd doch fordert.
Als ich dann diesen Schnappschuss von dem furiosen Silas sah, musste ich doch
laut lachen! Keine Frage, wer in dieser Beziehung die Hosen an hat!
3.6.2021
Das erste Mal!
"Wenn wir aus Polen wieder zurück sind, dann geht es aber los mit dem
aufsitzen!", so lautete Carmens klare Ansage, bevor Stall Klimke sich in
der letzten Woche auf den
Weg zur internationalen Vielseitigkeit nach Barborowko aufmachte. Eine Woche
hatte ich also noch Zeit, mich mental darauf einzustellen, dass es nun endlich
"ernst" wurde!
Am Mittwoch nach Barborowko hatten wir Drei dann unseren grossen Tag!
Ich hatte Karlchen in aller Ruhe gesattelt und aufgetrenst, eine Routine, die
stets ihre guten zwanzig Minuten fordert. Gesattelt die Stallgasse auf und
abführen und mit jedem Loch nachgurten ein Möhrchen. Das braucht numal seine
Zeit, sorgt aber dafür, dass "nachgurten" positiv vom Pferd wahrgenommen wird.
Der Schreck, den Carly seinerzeit beim vermeintlich nicht einmal festen Angurten
davongetragen hatte, war mir noch immer nachhaltig und präsent im Kopf. Soetwas
sollte mir nie wieder mit einem jungen Pferd passieren. Carly ist ausserdem
Karlchens Mutter. Wer weiss, ob er nicht die selben Sensibilitäten für derartige
Umstände pflegt?
In schwüler Hitze absolvierten wir unser Schrittprogramm auf dem Hof und machten
uns auf den Weg in die kleine Halle. Erstmals wollte ich Karlchen mit Ausbindern
ein paar Runden longieren und war gespannt, wie er darauf reagieren würde.
Nachdem er zuvor ein paar Runden frei durch die Halle lief und nichteinmal zum
bocken zu motivieren war, reagierte er auf die recht losen Ausbinder wie auf
alles andere: eigentlich gar nicht. Er streckte den Kopf nach unten, verrenkte
das Maul ein paar Mal gegen die ungewohnten Zügel und trabte unbeeindruckt um
mich herum. Wunderbar! Ein paar Runden nur auf jeder Hand, mehr wollte ich ihn
nicht auf unnatürlicher Kreisbahn fordern.
Zurück im Stall nahm Carmen dann erstmals auch Karlchen in Empfang. Wir hielten
uns strikt an unser bewährtes Prozedere vom letzten Jahr mit Butterfly und
Ladybird: Möhrchenschnipsel, und reichlich davon! "Und wo ist Silas?", fragte
Carmen. Den hatte ich doch glatt vergessen! Natürlich gehörte Silas auf dem
Putzplatz mit dazu, wenn Karlchen erstmals einen Reiter im Sattel kennenlernen
sollte ...
Von der vertrauten kleinen Trittleiter aus legte ich mich vorsichtig frei über
den Sattel. Von rechts und von links, Ausgewogenheit muss sein. Drüberlegen
zunächst nur, mit der Gewissheit, dass ich sofort auf den Hocker zurückrutschen
konnte, sollte Karlchen Zeichen von Anspannung zeigen. Er zeigte sie nicht.
Carmen verteilte derweil ausgiebig Möhrenschnipsel in beide Pferdemäuler und am
Ende war ich es, die in Schweiss geriet, weil ich ständig vom Hocker klettern
und für neue Möhrenschnipsel sorgen musste ... Tatsächlich hatte ich nicht den
Eindruck, dass Karlchen überhaupt etwas mitbekam von dem, was sich oben auf
seinem Rücken zutrug. Er war völlig entspannt. Ein paar Mal führte Carmen ihn
über den Putzplatz, um ihn dann erneut neben Silas in Stellung zu bringen, und
ich kletterte wieder von beiden Seiten aufs Pferd. Zuversichtlich schwang ich
dann endlich das Bein ganz rüber und sass vollständig auf. Karlchen hob den Kopf
und registrierte das Bein hinten über sich. Das war der Moment, der mir am
meisten Sorge bereitet hatte. Wie würde er reagieren, wenn er die ungewohnte Bewegung hinten über sich wahrnahm? Das Pferd, das bis vor kurzem
jeder seitlichen Annäherung noch hartnäckig ausgewichen war? Von der Seite und
von oben dazu - da kamen gleich die Erinnerungen an Ladybird mit ins Spiel, die
in dieser Situation ganz unerwartet panisch ragiert hatte. Man lernt eben mit
jedem jungen Pferd dazu.
"Alles gut!" sagte Carmen, "der
ist entspannt! Der guckt nur, aber frisst schon wieder seine Mörhchen!".
So
sollte das ein. Ich war erleichtert!
Ein paar Mal kletterte ich nun von beiden
Seiten ganz aufs Pferd und nahm auch den Bügel als Abstützhilfe mit dazu. Das
machte es erheblich einfacher und Karlchen akzeptierte alsbald auch die kurze
einseitige Belastung ohne Anspannung.
Das erste Mal auf dem selbst gezogenen Pferd!
Schweissgebadet (der schwülen Hitze geschuldet) und überglücklich - wieder
einmal!
Diese Momente eben, die man nirgendwo für Geld kaufen kann. Momente, die mich
ticken machen.
Am nächsten Tag wiederholten wir unser Programm, nachdem ich Karlchen kurz mit losen Bügeln freilaufen lassen und
locker ausgebunden ein paar Runden longiert hatte. Carmen
brachte einen Überraschungsgast mit - Sophia! Was für eine Freude!
Aufs Pferd legen, ganz in den Sattel setzen und dann auch mit Reiter ein paar Runden über
den Putzplatz führen - allein der Vorrat an Möhrchenschnipseln begrenzte unsere
Aktivitäten auf eine überschaubare viertel Stunde. Anerkennend nickte Sophia zu
unserem Programm. "Nicht zu glauben, dass dies das Pferd ist, das man vor vier
Wochen nichteinmal einfangen konnte!", lobte Carmen. "Da musste extra Tönne für
einfliegen und Karlchen auf der Weide wieder einfangen!", fügte ich hinzu und
Sophia mochte es nicht glauben. "Sabine hat einfach gute Vorarbeit geleistet!"
lobte Carmen nocheinmal, und natürlich habe ich mich über die Anerkennung
gefreut.
Karlchen hat einfach eine Menge gelernt. Selber im Sattel sitzen ist das
Tüpfelchen auf dem "I"! Danke, Carmen!
8.6.2021
Vom ersten Aufsteigen zum ersten Ausritt in fünf Tagen ....
"Um halb acht morgen früh bin ich da!", so verabschiedete Carmen sich gestern
Abend nach unserem vierten Mal aufsitzen. Erstmals war es von der Stallgasse
auch nach draussen um den Stall gegangen. Geli hatte Silas am Kopf und lief mit
ihm vorweg ins Grüne. Carmen führte Karlchen hinterher und ich wunderte mich,
wieso das Pferdchen plötzlich so flott unter mir wurde? "Was hat er? Will er
Silas überholen?" "Neee... Silas ist so flott! Karlchen will nur dranbleiben!"
Ach ja .... So ist das wenn zwanzig Jahre Pferd vorweg laufen ...
"Und was machen wir morgen?" "Ausreiten!"
Es war einfach der logische nächste Schritt.
Heute morgen war ich also schon früh im Stall und absolvierte mit beiden Pferden
gesattelt vorab eine erste Soloschrittrunde. Der Sattel sollte sicher liegen und
Karlchen seine Zeit haben, sich entspannt unter dem Sattel zu bewegen bevor ich
aufstieg. Tatsächlich bot ich ihm danach auch noch die Möglichkeit, sich kurz in
der kleinen Halle auszutoben. Sicher ist sicher, dachte ich. Nötig war es
allerdings nicht. Nur mässig engagiert bummelte Karlchen durch die kleine Halle
und wir standen zügig wieder im Stall. Müde wollte ich ihn nicht machen. Wir
konnten auch so auf Carmen warten. Vorweg kam der Hund und machte mich grinsen.
Genau so hatte es sich im letzten Jahr auch mit Ladybird und Butterfly
abgespielt. Der Hund war von Anfang an dabei. Hinter den Pferden, daneben oder
mitunter auch vorweg. Die natürlichste Sache der Welt. Wir rangierten Silas und
Karlchen passig nebeneinander, ich sass zügig im Sattel und nachdem Carmen noch
Longe und Zügel sortiert hatte, gings los. Völlig unaufgregt. Völlig entspannt.
Als hätten wir nie etwas anderes getan. Stall Klimke führte gerade die ersten
Pferd auf die Weiden, wir ritten einfach hinterher. Karlchen im Sixpack. Ganz
natürlich. Ruck zuck waren wir durch den Wald, an der Bahnschranke und auf der
Rennbahn, auf dem Rückweg schafften wir es sogar, einmal die Bahn abzupassen.
Karlchen zuckte nicht mit dem Ohr. Zurück am Stall rechnete Carmen dann vor:
"Donnerstag hast du das erste Mal draufgesessen. Du sitzt jetzt das fünfte Mal
auf dem Pferd. Wahnsinn!"
So hatte ich das noch gar nicht betrachtet. Mit dem Beginn des Aufsitzen und im
Sattel sitzen wollte ich lediglich die nachhaltige Routine pflegen. Alles andere
hatte sich wie von selbst ergeben. Maripancremetortenmoment! Braves Karlchen!
1.7.2021
Schallend lachen musste
ich, als Carmen bei unserem gemeinsamen Ausritt das Handy zückte und
einen kurzen Clip drehte, um Philip tagsdrauf erstmals in Karlchens Sattel zu
locken ...
Wenn
Carmen lockt ...
(Videoclip anklicken)
Vier Mal war Carmen in Silas Sattel
gemeinsam mit Karlchen und mir unterwegs gewesen, die letzten beiden
Male hatten wir die Longe auf dem Rückweg bereits abgenommen und
Karlchen lief frei unter mir daher, zufrieden immer eine halbe Pferdelänge
vorweg. So auch heute. Als uns kurz vor dem Wäldchen eine bunte
Ponykutsche entgegenkam und beide Pferde aufmerksam die Ohren spitzten,
war Carmen sofort an meiner Seite. "Longe? Besser, ich nehm' das
Karlchen jetzt wieder an die Leine?"
Ich grübelte kurz.
Tatsächlich hatte Karlchen die bunte Kutsche hinter den Bäumen zunächst gar
nicht wahrgenommen. Aufmerksam war er erst geworden, als Silas die Ohren
spitzte und das spannende Gefährt beäugte. Karlchen würde tun, was Silas
tat. Solange Silas also ruhig blieb, würde auch Karlchen ruhig bleiben.
Weshalb ich überzeugt den Kopf schüttelte.
"Nein. Das schaffen wir auch ohne Longe. Du
musst nur dafür sorgen, dass Silas ruhig bleibt."
"Aha," meinte Carmen
etwas skeptisch und wollte schon die Zügel aufnehmen. "Nein, nein, nicht
die Zügel aufnehmen! Leg ihm nur die Hand auf den Hals, dann bleibt er
ruhig stehen …"
So war es dann auch.
Das rappelnde bunte Gefährt war auf meine
freundliche Bitte kurz vor uns zum Stehen gekommen und die Insassen
begrüssten uns freundlich. Wir erklärten kurz den Sachverhalt mit dem
noch unlenkbaren jungen Pferd (...) und baten, langsam um die Kutsche
drumrum reiten zu dürfen.
Silas und Carmen marschierten auch ruhig an dem Gefährt vorbei.
Karlchen, der schräg hinter Silas angehalten hatte, stand nun mitten vor
der Kutsche. Genauer gesagt: Karlchen stand dicht vor dem bunt
aufgeschirrten Haflinger und war höchst verzückt! Sowas hatte er ja noch
nie gesehen! Neugierig, wie es nunmal Karlchens Naturell ist, schob er
dem Haflinger die Nase entgegen und besah sich alles ganz genau. So
genau, dass wir eigentlich schon halb im Gespann standen und gute
Chancen hatten, uns in den Leinen zu verheddern …
Da war nun
guter Rat teuer. Eigentlich hätten wir jetzt einen Schritt zurück und
dann rechts an dem Gespann vorbeireiten müssen. Eigentlich. Wenn man
aber auf einem Pferd sitzt, bei dem weder die Lenkung, noch Gas und
Bremse installiert sind, gestaltet sich so eine Aktion schwierig.
Etwas rustikal versuchte ich, Karlchen mit dem Zügel nach rechts von
seinem neuen Spielzeug weg zu ziehen. Mit
zweifelhaftem Erfolg. Lenkung klar übersteuert! Karlchen
stolperte nach rechts in die Böschung und war erneut verzückt - hier gab
es von allen Seiten dichtes hohes Gras und von oben noch Blattwerk dazu!
"Was für ein herrlicher Ausritt!", dachte Karlchen, und frass sich
zufrieden durch die Böschung. Keine Chance, hier ohne fremde Hilfe
wieder raus zu kommen. Carmen
musste Silas wenden, ebenfalls halb in die Böschung klettern und die
Longe wieder am Halfter einhaken. Ein Ruck, und das Karlchen stand
wieder auf dem Weg und bummelte brav hinter Silas her an der Kutsche
vorbei.
Lachend verabschiedeten wir
uns von der Kutsche und feierten Karlchens Nerv. Ein noch
rohes dreijähriges Pferd, und nicht zu beeindrucken … Da gab es
erfahrene Reitpferde, die angesichts dieses Gefährts sicherlich einen
Haken geschlagen und Reissaus genommen hätten.
Zügig hakte
Carmen darauf die Longe auch wieder aus (jetzt konnte uns doch wirklich
nichts mehr beeindrucken?) und griff kurz drauf zum Handy. So entstand
der Clip vom wilden Karlchen, mit dem Carmen Philip zu seinem ersten Mal
im Sattel des wilden Dreijährigen lockte … und ich muss schon wieder
lachen, wenn ich nur daran denke.
Es war wirklich allerhöchste
Zeit, dass Philip nun endlich Gas und Bremse installierte - und ein
bisschen Lenkung dazu wäre auch ganz schön ....
Die schönste Art, den Tag zu beginnen:
Karlchen und Silas im Morgengrauen an der Aa. Handpferdereiten mit
Karlchen - ein Schnappschuss aus dem Sattel von Milea.
3.8.2021
Junge Pferde unterm Sattel und ein weiterer
Marzipan Cremetorten-Tag!
Westfalenwoche, Urlaub, und ich nutzte
die frühen Morgenstunden zu einem Experiment.
weiterlesen
bei Butterfly ...
In Hochstimmung sattelte ich am
Abend Karlchen, Philip sollte einmal mehr Lenkung, Gas und Bremse
installieren. Longieren gab es gar nicht mehr, schon die letzten Male
hatte ich die beiden direkt vom Stall in die kleine Halle geführt und
Philip ritt direkt aussen rum. Schritt, Trab und Galopp mit Handwechsel,
die Bahnfiguren gerieten jedes Mal treffsicherer. Zum Abschluss waren
wir im Schritt um die Weiden spaziert. Zeit für einen weiteren neuen
Schritt:
„Heute erstmals grosse Halle?“ „Ja, machen wir!“
Kein Problem. Ich führte die beiden in der deutlich anspruchsvolleren
grossen Halle aussen rum, doch selbst die Spiegel waren uninteressant.
Karlchen schlug lediglich einen Bogen um die Hiderniskammer an der
langen Seite. Lange hielt er sich damit allerdings nicht auf und die
beiden trabten auch hier zügig ihres Wegs. Nichts anderes hatte ich
erwartet. Trab und Galopp funktionierten auch in der grossen Halle. Zeit
für einen weiteren neuen Schritt:
„Heute erstmals allein um die
Wiesen?“ „Ja, machen wir!“ Philip wie er leibt und lebt. Natürlich
geht das schon allein mit Karlchen um die Wiesen!
Ich begleitete
die beiden bis hinter die kleine Halle, wo sie zügig ausser Sicht
gerieten. Gespannt wartete ich vor dem Stall ab, dass die beiden
jenseits der Wiesen wieder in Sicht kamen. Entspannt bummelte das
hellbraune Pferdchen unter dem leuchtendroten Reiter im Sattel alsbald
von rechts nach links durch das Panorama zwischen den beiden Hallen. Ich
war erleichtert! Dann dauerte es jedoch eine Weile, bis sie diesseits
der grossen Halle wieder ins Bild gerieten und als es so weit war, lief
Carmen nebenher. „Oh! Was ist passiert? Musste Carmen euch retten?“
„Nein, nein, alles gut! Wir haben uns nur beim Pferdetausch getroffen
und bis hierher festgequatscht!“ Wunderbar!
Wir waren uns alle
drei einig: „Was für ein unkompliziertes braves Pferd!“ Und Carmen
setzte lachend hinzu: „Heute morgen Butterfly und jetzt Karlchen, das
ist doch ein echter Marzipan Cremetorten-Tag für dich?“ Wo sie recht
hat, hat sie recht.
8.8.2021
Schnappschüsse von Karlchen und Philip am Sonntagmorgen. Die Sonne
strahlte und nachdem die beiden ein paar Minuten in der grossen Halle
unterwegs waren fragte ich:
„Heute erstmals allein um die Wiesen
traben?“ „Ja, machen wir!“
Oh, wenn alles im Leben nur so
unkompliziert wäre wie Philip und Karlchen ...
Natürlich trabten
die beiden vom Fleck weg aussen rum. Und natürlich beliess Philip es
nicht beim traben. Es dauerte nicht lange, und sie galoppierten um die
kleine Rennbahn. So entspannt und selbstverständlich. Ich konnte mich
einfach nicht daran sattsehen. So schön!
27.8.2021
"Wann reiten wir denn
wieder zusammen aus?" Mir lachte das Herz, als die vielbeschäftigte
Carmen -gerade zurück vom grossen Sport aus Arville- nach einem
schrittbetonten gemeinsamen Vergnügen mit Silas und Karlchen fragte!
Mittwochabend war es soweit, und ich hatte einen wohlbedachten Plan
im Gepäck. Mit Carmen auf Silas an meiner Seite wäre es endlich an der
Zeit, mich selber mit Karlchen im Trabe um die kleine Rennbahn zu
versuchen ... Seit langem trabt und galoppiert Philip ganz
selbstverständlich mit Karlchen um die Wiesen. Höchste Zeit, dass ich
mir selber einen Ruck gab!
Pünktlich wie die Maurer erschien
Carmen eine Minute nach halb acht auf der Stallgasse. Ich hatte just
überlegt, dass eine Minute über die Zeit für Carmen schon sehr
ungewöhnlich sei, da kündigten die trapsenden Hundepfoten vorweg ihr
Erscheinen auch schon an. Karlchen und Silas standen gesattelt bereit
und ich war not amused, als Karlchen beim aufsitzen tatsächlich einen
Schritt vom Höckerchen weg tat. Und noch einen. Das ging gar nicht! Da
stand ich auf dem Hocker und er lies mich am ausgestreckten Arm
verhungern? Runter vom Hocker und erstmals gab es jetzt einen
energischen Klaps auf den braunen Pferdepopo. Karlchen war bestürzt. Das
hatte er ja noch nie erlebt! Warte Bursche, stehenbleiben beim aufsitzen
haben wir gelernt, das gehört zum ganz kleinen Einmaleins und
Nickeligkeiten werden nicht akzeptiert! Björn stellte sich ruhig vors
Pferd, so wie ich immer davor stand, wenn Philip aufsass. Gänzlich
kontaktlos, keine Hand am Zügel. Siehe da, das Karlchen stand! Und er
stand noch reglos und zuckte nicht mit dem Ohr, bis auch Carmen in
Silas' Sattel sass. Geht doch.
Ein mustergültiges Karlchen
schritt unter mir daher, Carmen und ich schwatzen uns durchs Gelände
davon - so schön! Das Stroh wurde eingefahren, auf dem Waldweg war
lauter und schwerer Maschinenverkehr unterwegs. "Da können wir jetzt
aber nicht her", meinte Carmen besorgt.
"... ?"
Natürlich
konnten wir. Karlchen marschierte am langen Zügel an dem tösenden
Schlepper nebst riesigem Anhang hinter Silas her, drückte sich etwas
dichter an den Bäumen entlang und zuckte diesmal tatsächlich auch mit
dem Ohr. Das war es aber auch schon. Braves Karlchen! Das Spielchen
wiederholte sich auf dem grossen Stoppelfeld bei ebenso regem
Frontlader- und Schlepperverkehr - wir zogen gelassen unseres Weges und
wichen nicht einmal von der Spur ab. Selbst die Öhrchen zuckten nicht
mehr.
Zurück bei den Wiesen gab es nun keinen Grund mehr,
endlich anzutraben. Von Silas weg, auf Anhieb allein und nur auf
Schenkeldruck, ein, zwei Mal leicht gegen die Hand, dann hatten wir uns
eingefummelt. Karlchen schnurrte im Trabe unter mir daher und es war die
helle Freude im Sattel! Geriet er dabei mal etwas zu dicht an die Bäume,
reichte ein leichtes Touchieren mit der kurzen Gerte auf die äussere
Schulter, schwupps trabten wir wieder mittig daher. Köpfchen runter,
Öhrchen vor, nach kurzer Zeit war die natürliche Anlehnung spürbar, ich
kam zum nachgeben und mir lachte das Herz! Karlchen und ich waren
fühlbar auf dem Weg zum gemeinsamen Reitpferd!
Carmen teilte
meine Freude an dem jungen Pferd mit aufrichtiger Anerkennung, was für
ein souveränes junges Pferd! Strahlend und noch mehr schwatzend
bummelten wir zurück zum Stall. Und jetzt gab es also keinen Grund mehr,
das nächste Mal ganz allein mit Karlchen loszuziehen ....
28.8.2021
... und so kam es, dass
ich am freitagnachmittag klopfenden Herzens den Plan in die Tat umsetzte
und erstmals ganz allein mit Karlchen loszog. Aufsteigen mit Luft
anhalten vom Höckerchen, siehe da: das Pferd stand! Und wie er stand!
Mit einem breiten Grinsen liess ich mich in den Sattel gleiten, und
Karlchen stand noch immer. Felsenfest.
Guter Dinge machten wir
uns auf den Weg Richtung kleine Rennbahn. Weit kamen wir nicht und es
begann zu regnen. Karlchen war not amused und fing an zu quengeln.
Zurecht. Innerhalb weniger Augenblicke schüttete es wie aus Eimern. Da
sass ich nun auf meinem quengeligen Dreijährigen, der deutlichst zurück
in den Stall wollte, und war klatschnass. Guter Rat war nun teuer. Dem
Pferd nachgeben und umkehren? Beim ersten gemeinsamen allein-unterwegs
dem jungen Pferd nachgeben? Mit ziemlicher Sicherheit würde ich dann
zukünftig allein nicht mehr weit kommen. "Umkehr antesten" wollte ich
gar nicht erst einreissen lassen. Also die Zähne zusammenbeissen und
konsequent durch den Regen treiben. Und ich wurde einmal mehr positiv
überrascht: Karlchen liess sich überreden. Ungern, aber er tat was ich
wollte und stapfte durch das Nass. Braves Pferd! Wenigstens die erste
Runde mussten wir hinter uns bringen, dann konnten wir immer noch
abbrechen. Wir flüchteten in die Halle. Schrittreiten nur, doch es
quitschte und quatschte in meinen Ärmeln, Hose, Sattel. Nicht witzig.
Der Regen liess nach, nasser als nass bis auf die Haut konnten
wir nun nicht mehr werden. Ab über den Springplatz und zurück auf die
kleine Rennbahn. Herzklopfen - antraben! Und es lief! Ich konnte auf
Anhieb da weiterreiten, wo ich vor zwei Tagen aufgehört hatte.
Zügelmass, Sitz und Hand dran - Köpfchen runter, Öhrchen vor, Karlchen
trabte! Mir fielen die Steine nur so vom Herzen. Drei vier Runden am
Stück, flott unterwegs, dabei immer lockerer, ich kam zum nachgeben,
grosszügiger Handwechsel über den Springplatz (in meiner grenzenlosen
erleichterten Aufregung vergass ich prompt den Handwechsel...) und noch
eine Trabrunde um die Wiesen. Kein Moment Unsicherheit, ich war
begeistert! Genau so hatte ich mir unser erstes gemeinsamens
zusammenfinden erhofft und doch seit Tagen tausend gute Gründe gefunden,
die Probe aufs Exempel aufzuschieben ... Jetzt fühlte ich mich wie im
letzten Jahr beim "ersten Mal" auf Butterfly. Damals dachte ich, die
unkomplizierte Rittigkeit läge an Benicio. Möglicherweise lag es aber
auch an uns? Der kleinste gemeinsame Nenner von Karlchen und Butterfly
sind Philip und ich. Möglicherweise haben wir mit den jungen Pferden
bisher wenig falsch, aber vieles richtig gemacht?
Zum Abschluss
eine entspannte grosse Schrittrunde am langen Zügel an der Bahn entlang,
der Wind pfiff nur so durch die dichten Bäume und das Gebüsch, Karlchen
war aufmerksam aber stets gelassen bei mir. Was für ein braves junges
Pferd! Trocken war er inzwischen auch, trockener jedenfalls als ich. In
Hochstimmung kamen wir nach einer dreiviertel Stunde wieder in den Stall
und ich schwebte auf kleinen rosa Wölkchen um Karlchen herum. Der genoss
die grenzenlose Aufmerksamkeit, ganz besonders als mit jedem Gang aus
der Sattelkammer zahlreich Äpfel und Möhren den Weg in sein Maul fanden
... So darf es gern weitergehen!
29.8.2021
Nachdem Karlchen mir diese Woche bereits zwei
Highlights im Sattel beschert hat, stand heute also unser drittes Mal
an. "Das volle Programm!" hatte ich mir vorgenommen, meint: vorweg eine
ausgiebige Schrittrunde bis hinter die Bahnschienen um die grosse
Rennbahn und bewusst an der Eisenbahn zurück auf die kleine Rennbahn um
die Wiesen. Ein mutiges Schrittprogramm für einen "frischen"
Dreijährigen vom Fleck weg allein aus dem Stall raus. Genau so hatte ich
es mit Silas die letzten Jahre immer gemacht und auch Butterfly hat im
letzten Jahr stets dieses Programm absolviert. Aus gutem Grund. Diese
Schrittrunde dauert eine knappe halbe Stunde und ist die ideale WarmUp
Vorbereitung für die eigentliche Trab- und Galopparbeit. Aber bei
welchem Dreijährigen steht heute der ausgiebige Schritt schon am Anfang?
Immer noch mit etwas Herzklopfen fischte ich das blitzeblanke
Karlchen aus der Box, putzen konnte ich mir heute sparen. Karlchen und
Silas hatten den Morgen im Regen auf der Wiese verbracht und glänzten
naturfrisch. Früher als gedacht stand ich also auf dem Höckerchen zum
Aufsitzen und sah meinem Karlchen scharf ins Gesicht. Der konnte erneut
kein Wässerchen trüben und stand wie ein Baum. Die Lektion hatte er sich
gemerkt. Grinsend rutschte ich in den Sattel.
Forsch aber
entspannt ging es um die Wiesen bis zum Bahnübergang und Karlchen
entschied vor den Schranken "Oh! Hier kenn ich mich aus! Hier biegen wir
jetzt rechts ab (zurück nach Hause)..." "Ganz sicher nicht, mein
Freund!", leichtes Klopfen mit der Gerte auf die rechte Schulter und das
Ganze mit dem rechtem Schenkel unterstützt - siehe da, das Karlchen
akzeptierte und lernt auch spürbar Schenkelhilfe ... Im Stillen dachte
ich wie gut es doch war, dem drängelnden Karlchen vor zwei Tagen im
strömenden Regen nicht nachgegeben zu haben. Diskussionen wie diese gilt
es von vornherein gar nicht aufkommen zu lassen. Und ich hoffe, das
gelingt uns auch weiterhin. Etwas aufgeregt marschierte Karlchen dann
auch erstmals ganz allein parallel zu den Schienen die grosse Rennbahn
entlang. Aufgeregt, aber brav. Etwas forsch dabei und spürbar motiviert.
So sollte das sein.
Zurück bei den Wiesen trabten wir zügig an
und es lief erneut wie erhofft. Zwei, drei Trabtritte nur, dann war er
an der Hand, das Köpfchen unten, die Öhrchen vor und schnurrte unter mir
daher. Wie Philip schon sagte. "Treiben musst du den da draussen gar
nicht. Eher mit Stimme bremsen!" Die kleine Routine stellte sich bereits
ein, mit der zweiten Runde kam reelle Anlehnung, Nachgeben, "Reiten" -
Takt, Anlehnung, Geradeaus. Das Butterfly-Gefühl vom letzten Jahr. Es
machte mich strahlen. "Reite zu deiner Freude!". So ist das wohl, auch
auf einem dreijährigen Pferd. Gerade auf einem dreijährigen Pferd.
Zum "vollen Programm" gehörte nun auch der erste Galopp ... Das
erste Mal angaloppieren gestaltete sich ganz wie damals mit Butterfly,
aus einem rauschenden Trab bei völligem Taktverlust fanden wir in
unseren ersten Galopp - "Hilfengebung" üben wir noch. Aber was war das
für ein Galopp! Gross, weit, rhytmisch durchgesprungen, ich war
begeistert! .. und erinnerte mich sofort wie beeindruckt Philip
seinerzeit war, als er das erste Mal mit Karlchen galoppierte: "Der hat
so einen fantastischen Galopp! Ganz irres Reitgefühl!" Genau so war es.
Und die schönste Erkenntnis für mich: er wird auch nicht stark dabei,
sondern bleibt ganz bei seinem Reiter. Herrlich! Im leichten Sitz nach
der passenden Position für das Zügelmass suchend - eng wollte ich ihn
nicht machen, Nase vor bei diesen Sprüngen sollte schon sein. Schwer
einzuschätzen, wenn man es selber nicht von unten sieht, aber es fühlte
sich richtig und gut an. An der kurzen Seite fiel das Pferd in flotten
Trab, das hatte ich so nicht beabsichtigt, aber die recht engen
Wendungen mit Blick auf die offenen Wiesen darunter erfordern ein
kleines bisschen mehr Routine. Damit konnte ich gut leben. Handwechsel
auf dem Sprignplatz (diesmal achtete ich in meiner Euphorie darauf, dass
es auch wirklich ein Handwechsel wurde ...) und alsbald aus der Wendung
der Linksgalopp - und der sass auf Anhieb! Guck an! Die Sache mit der
Hilfengebung klappt einseitig bereits aus dem EffEff! Und wieder das
berauschende Gefühl einer Galoppiermaschine unter sich, was für eine
Freude! Diesmal bereitete ich die kurze Seite bewusster vor und wir
kamen tatsächlich ganz rum. Möglicherweise ist es für Karlchen linksrum
auch einfacher als rechtsrum. Übertreiben wollte ich es aber nicht. Der
nasse Boden (nebst reichlich tiefen Pfützen, die wir ebenso in allen
Grundgangarten angemessen geübt haben und entsprechend aussahen ....)
trägt perfekt, ist aber durchaus kräftezehrend. Müde wollte ich ihn
nicht machen und wir hatten ja bereits alles erreicht - das volle
Programm eben!
Spassmobil Karlchen - das hatte ich mir so sehr
gewünscht! .. und beschloss spontan: selbst wenn Karlchen einmal nicht
das Spring- und Buschpferd werden sollte, dass ich mir erhoffe, selbst
wenn er kalte Füsse an den Stangen hat, kein Vermögen (schwer
vorstellbar bei dieser spürbar kraftvollen Galoppade...) oder sich
sonstwie nicht zum Spring- und Buschpferd eignet: mit diesem Reitgefühl
hat er sich die Lebensstellung als "nur Freizeitpferd" bereits verdient.
Reite zu deiner Freude. Ganz genau so.
Needless to say:
Absatteln und abschliessendes Fertigmachen im Stall gestaltete sich
erneut auf rosa Wölkchen. Verzückt stand das schlammbespritzte Karlchen
vor der Sattelkammer und rührte sich nicht vom Fleck: es fanden eben
wieder reichlich Möhrchen und Äpfel ihren direkten Weg in das Pferdemaul
...
5.9.2021
Vom goldenen
Spätsommer, Klischees, die keine sind, und tragischen Helden, die sich
überflüssig machen ...
September, und der Sommer ist wieder da!
Herrlicher Spätsommer! Sonntagmorgen früh um sechs, Silas und
Karlchen auf die Weide bringen, die beiden verlieren sich als
Silouhetten im Morgennebel, der von der Aa her die Flussböschung entlang
aufzieht und sich träge und satt über die Wiesen legt. Kühle
Morgenfrische, zufriedene Pferde im Nebel. Allein daran kann ich mich
nicht satt sehen. Es ist jedes Mal die schönste Art, den Tag zu
beginnen.
Und doch hat dieser unverhoffte goldene Spätsommer
noch so viel mehr zu bieten. Nach dem Boxen misten geht es zu den
Fohlenstuten zu Butterfly und Spellbound, der aufgehenden Sonne
entgegen. Seit gut vier Wochen ist Butterfly wieder regelmässig unter
dem Sattel und Spellbound ist immer mit dabei - die helle Freude, dem
herrlichen Fohlen aus dem Sattel heraus um Muttern beim herumtoben
zuzusehen ... (weiterlesen bei
Butterfly)
...
Zurück in Münster wartet
Karlchen, das andere fabelhafte Reitpferd. Mit seinen drei Jahren fühlt
Karlchen sich inzwischen ganz genau so unter dem Sattel an wie
Butterfly. Hand stehen lassen, aus dem Sitz parieren und einfach unter
sich entwickeln lassen. Ich muss mich zwingen, das junge Pferd wirklich
nur jeden zweiten Tag und nicht zu oft zu reiten, so viel Freude macht
das! Während Butterfly durch ihren bestechenden Takt im Trabe spürbar
Welten unter dem Reiter bewegt, möchte man auf Karlchen gar nicht mehr
aufhören zu galoppieren... Runde um Runde einfach nur die Hand dran und
im leichten Sitz in diesem Galopp mitnehmen lassen. Reite zu deiner
Freude! Ganz genau so.
Ein Highlight der besonderen Art war
unser gemeinsamer Ritt mit Philip und dem immerhin schon vierjährigen
Benny an Karlchens Seite. Wobei Karlchen meist mit gespitzten Ohren
vorweg marschiert und mit seinen drei Jahren bereits das gelassene
Führpferd im weiteren Gelände gibt. Was für ein Pferd!
Zurück
auf der kleinen Rennbahn um die Wiesen stand der gemeinsame Trab an -
nebeneinander? Ob das wohl geht mit Benny und Karlchen? Und wie das
ging! Kopf an Kopf trabten die beiden flott und zufrieden Runde und
Runde, Philip und ich plauschten von Sattel zu Sattel und hatten unsere
Freude an den beiden jungen Pferden! Zeit, Philip ein längst
überfälliges Geständnis zu machen: "Philip, du bist mein tragischer
Held. Du hast so einen tollen Job mit Karlchen gemacht, dass ich den
jetzt ganz allein genau so weiter reiten kann ... Du hast dich
tatsächlich selber überflüssig gemacht ...." Und Philip strahlt! Das
schönste Kompliment für einen Profi im Sattel, wenn er sich auf einem
jungen Pferd nach kurzer Zeit überflüssig macht.
Zeit für einen
Galopp zu viert. Tatsächlich schnurren Benny und Karlchen auch im Galopp
ganz genau so Kopf an Kopf nebeneinander um die Bahn. Eine Runde? Noch
eine Runde! Und wer glaubt, man könne nicht auch im frischen Galopp
nebeneinanderher fröhlich weiterquatschen, der hat das so noch nie
erlebt. Zufriedene Pferde, strahlende Reiter im Sattel. Goldener
Spätsommer.
8.9.2021
Die längst überfällige Fotosession mit
Karlchen!
19.9.2021
Am Sonntag
stand für Karlchen der erste "Auswärtseinsatz" im Gelände auf dem
Programm. Ziel war das DOKR in Warendorf mit seinen Idealbedingungen
gerade für junge Pferde. Und natürlich durfte auch der Wasserdurchritt
nicht fehlen …
Dieser Ausritt war ganz und gar Mel gewidmet, mit
der ich früher regelmässig im Gelände unterwegs war. Noch zu Shannons
Zeiten, aber auch später noch mit Silas. Wie lange war das her?
Gemeinsam fieberten wir seit langem dem Tag entgegen, an dem Karlchen
endlich so weit war, in Shannons und Silas Fußstapfen zu treten. Heute
war es so weit!
Verladen klappte wie erwartet zügig und
problemlos allein. Wer kann das schon von einem dreijährigen Pferd
behaupten? Ich bin ziemlich stolz auf mein Karlchen! Abladen in der
fremden und durchaus beeindruckenden Umgebung versetzte den braven Kerl
dann allerdings in Aufregung - so viel "neu" auf einmal hatte er noch
nie gesehen! Als Mel mit ihrem grossen Lui dazukam war ich kurzzeitig
nicht sicher, ob der sanfte weisse Riese nun beruhigend oder zusätzlich
aufregend auf den kleinen Karl wirkte … Immerhin stand Karlchen auch
beim aufsitzen brav neben unserem blauen Höckerchen, das extra
mitgereist war. Donnerwetter, was war ich doch stolz auf das junge
Pferd!
Karlchen fand sichtlich gefallen an dem Warendorfer
Wald, klettern, traben und galoppieren, letzteres souverän vorweg (O-Ton
Mel), lediglich der Einritt ins Wasser war dem kleinen Karl ganz und gar
nicht geheuer. Was allerdings mehr an dem modderigen Einritt, als an dem
Wasser selbst lag. Geduldig gaben Mel und Lui ihr Bestes und
schliesslich folgte Karlchen seinem neuen grossen Kumpel ins Nass. Zu
meiner grössten Freude bedurfte es auf dem Rückweg dann gar keiner Hilfe
mehr. Karlchen marschierte sofort und ohne zu Zögern von beiden Seiten
allein in das Wasser! Genau so muss künftiges Buschpferd …. Was für eine
Freude, dieser brave Kerl!
9.10.2021
Das dreijährige Karlchen
unter dem Sattel - Eindrücke, die für sich sprechen ...
Tausend Dank für deinen engagierten Einsatz hinter der Kamera, liebe
Danni!
23.10.2021
Der
Stoff, aus dem die Träume sind .... Karlchen im Buschreiter-Paradies!
Ob wir
nicht mit Benny und Karlchen nach Everswinkel zum Geländetraining fahren
wollten? Samstagmorgen und strahlender Sonnenschein, da kam Philips
spontaner Vorschlag genau richtig!
Ruckzuck waren die beiden
jungen Pferde verladen, geradezu mucksmäusschenstill verlief die Fahrt
bis Everswinkel, Benny und Karlchen gaben das perfekte Reiseteam auf dem
Hänger.
Lukas nahm die beiden Vierbeiner in Empfang und gemeinsam
ging es erstmal in den Stall zum "in Ruhe fertig machen". Karlchen
profitierte sichtbar von seinem Kumpel Benny an der Seite. Aufmerksam,
aber gelassen besah er die neue Umgebung, Menschen, Pferde, Hunde, es
wuselte reichlich um uns herum. Aufsitzen im Stall, ganz wie zu
Hause, und los gings Richtung Geländepatz. Karlchen am langen Zügel
immer vorweg, ganz wie zu Hause auch.
"Dann
lass uns gleich Mal ins Wasser reiten!", ordnete Philip an, und Karlchen
marschierte brav hinter Benny her in sein drittes Wasser. Nach dem
ersten Wasser vor einigen Wochen in Warendorf waren wir kürzlich noch
auf dem Geländeplatz bei Korte in Telgte gewesen. Für ein dreijähriges
Pferd trotz Führpferd war das Wasser dort nicht ganz einfach. Weshalb
ich gespannt war, wie das junge Pferd nun dieses dritte neue Wasser
annähme? Ein kurzes Zögern nur, dann waren wir auch schon drin. Vom
Fleck weg konnten wir dieses grosse Wasser dann auch allein und von
allen Seiten durchreiten. Sehr schön!
Wälle klettern, auch
im Schritt. Der Hügel wird nicht kleiner, nur weil man ihn im Trabe
erstürmt - Karlchen lernte! Im Galopp gelassen auf der grossen Wiese um
die Sprünge aussen rum, das war schon deutlich routinierter als kürzlich
noch in Telgte. Man staut, wie sehr so ein junges Pferd doch von solchen
Erfahrungen lebt und lernt!
Lukas hatte einen
weiteren Dreijährigen an der Hand dabei und hüpfte zu Fuss mit dem
jungen Pferd über ein paar kleine Baumstämme.
Ah! Das war
Bilderbuch-Gelände-Intro für junge und jüngste Pferde! Karlchen und ich
hatten unser natürliches Führpferd gefunden …
Ich suchte mir den
längsten Baumstamm aus und bat Lukas, einmal mit seinem Handpferd vorweg
darüber zu "traben" …
Karlchen trabte brav hinterher und hob
interessiert den Kopf, als er die beiden über den Baumstamm hüpfen sah.
Nase vor, Hand und Beine dran, ich war auf alles gefasst. Auch auf den
durchaus gewaltigen Satz, mit dem Karlchen über den Baumstamm setzte -
um dann nach der Landung gelassen im Trabe weiter zu bummeln. Keine
Explosion, keine Aufregung - unser erster gemeinsamer Sprung!
Wie sehr kann man sich über einen ersten
kleinen grossen Sprung freuen? Auf dem selbstgezogenen Pferd, Enkel der
eigenen Vollblutstute, mit vier Jahren Wartezeit von der Anpaarung bis
zum ersten Mal, kann man sich ganz gewaltig darüber freuen!
Einmal noch allein und
ohne Führpferd, dafür von Anfang an mit einem Karlchen, das nun wusste
was da kam. Erneut ein grosser Satz gelassen aus dem Trabe und nach der
Landung im Trabe weiter - bestens! Mein ganz persönliches
Ausbildungsziel des Tages war erreicht, mehr wollte ich gar nicht.
Glücklich und zufrieden sass ich auf meinem dreijährigen Pferd, das
ganz offensichtlich ebenso zufrieden mit sich und der Welt war. Der
grosse Teich sollte das Glück dann perfekt machen. Erneut marschierte
Karlchen vorweg, quer über den bunten Ponyhof -im wahrsten Sinne des
Wortes- es gab so viel zu sehen! Trotzdem machte er seine weiten Meter,
und reichlich davon. Mehr als einmal musste Philip uns zurückpfeifen,
weil wir einen Abzweig verpasst hatten. Dann standen wir vor dem
herrlichen Teich mitten im satten Grün. Buschreiterparadies! Und
nun? Das hier war kein gemachtes Nass, sondern ein echtes grosses
natürliches Wasser. Seit Luhmühlen (vor wievielen Jahren?) hatte ich
selber so ein Wasser nicht mehr erlebt. Ich grübelte noch, wie Karlchen
hier wohl reagieren würde, da machte er sich schon ganz von allein
hinter Benny her auf den Weg. Ohne zu zögern marschierten wir in und
durch den Teich und Philipp konnte nur noch rufen:
"Zügel aufnehmen!
Abwenden! Das wird tief da hinten! Wenn der plötzlich den Boden unter
den Füssen verliert, schlägt er einen Haken und macht einen Satz!"
Aaah! Was Philip da beschrieb, hatte Karlchen bei Korte im Wasser
mit mir praktiziert, mit Glück hielt ich mich damals gerade noch im
Sattel. Flugs richtete ich meinen furchtlosen Dreijährigen also auf eine
andere Flugbahn aus, zurück zu Philip und Benny ins sichere Tief.
Herrlich!
Das war der Stoff, aus dem die Träume sind. Mein Traum.
Seit Jahren. Einmal mit einem meiner Vollblutkinder in so einem Wasser,
selbst gezogen, ganz allein bis zur Geländereife gefördert ... Es sind
Eindrücke wie diese,
da strahlt man einfach nur still vor sich hin. Schöner geht nicht.
6.2.2022
Karlchen auf dem Weg zum
Buschpferd
Wenn das problemlose Verladen das beste ist, das man
vom ersten Geländetraining zu berichten weiss, dann gibt das sehr zu
denken ...
Keine Frage, unseren Einstand in der Westfälischen
Reit- und Fahrschule hatte ich mir anders vorgestellt. Es begann mit dem
einladenden Mini-Baumstamm in der Abreitehalle, den ich wohlbedacht im
ruhigen Trabe ansteuerte und dennoch nicht darauf gefasst war, dass
Karlchen uns beide bis unters Hallendach feuern würde. "Übersprungen"
nennt man das wohl, und gewaltig so. Der Schreck steckte dem Pferd
spürbar in den Knochen und ich musste ihn überreden, die nächsten beiden
Male noch halb aus dem Stand über das Stämmchen zu klettern. Erst beim
vierten Mal wurde wieder ein flüssiger Trabsprung daraus und ich beliess
es dabei.
Die grosse Halle beeindruckte uns beide dann erneut
mit den zahlreichen Geländesprüngen und Karlchen hatte reichlich zu
gucken. Mehr Neugier als Aufregung allerdings, und ich war guter Dinge.
Im Trabe über den ersten kleinen Sprung, wieder deutlich übersprungen,
das selbe zurück, das liess sich noch gut an. Sprung zwei aus dem Trabe,
ein wahrnehmbarer Baumstamm aus der Wendung bei der kurzen Seite, da war
der Ofen aus. Mehrfach Versuche aus dem Trabe, Karlchen liess mich am
ausgestreckten Arm verhungern. Kein Zug auf der Uhr, stattdessen
beständig bedächtiges beidrehen vorweg. Selbst Sprung eins als
Korrektursprung liess sich danach nur noch im zweiten Anlauf an ... Mir
ging die Luft aus und das Herz rutschte in die Hose.
Meine
kleine Welt brach zusammen. Da sass ich nun das erste Mal in meinem
Züchterleben auf einem echten Springpferd und kam selbst im Trabe nicht
über die ersten Sprünge? Nach all den zahlreichen ausschliesslich
Erfolgserlebnissen auf "nur Dressurpferden" in der Vergangenheit?
Fabrice, La Jeanne, Röschens Weasly und selbst Bunny und die Luzifee ...
Daran hatte ich die ganze Woche zu knabbern. Meinen Glauben an meinen
"Rockstar" Karlchen, der bislang noch nie etwas falsch gemacht hatte,
wollte ich keinesfalls verlieren. Im Zweifel würde eben ein reines
Freizeitpferd daraus... Und doch ... Selbstzweifel und reichlich davon.
Ein starker Reiter war ich nie, aber ich hatte auch nie anders geritten.
Gerade meine Jungpferde nicht. La Jeanne und ihre gloriosen Auftritte
seinerzeit an selber Stelle noch bei Reitmeister Martin Plewa, der gar
nicht mehr aufhörte uns zu loben, weil das Pferdchen so vertrauensvoll
eingenständig seine Aufgaben meisterte - das ging mir nicht aus dem
Kopf. Jeannie war zu dem Zeitpunkt genau so weit wie Karlchen und ich
musste sie nur im Trabe vor die Sprünge lenken und "nichts machen,
Sabine, einfach das junge Pferd allein seinen Sprung finden und machen
lassen!".
Eine Woche später stand das nächste Geländetraining auf
dem Programm, und ich trabte mit einiger Beklemmung durch die
Abreitehalle. Erneut vier Sprüngelchen nur über den Minibaumstamm,
diesmal von Anfang mit "überreden". Immerhin, nach dem vierten Mal war
es ein flüssiger Sprung und ich erwog ernsthaft, es dabei zu belassen
und wieder heim zu fahren. Erneutes "am ausgestreckten Arm verhungern
lassen" in der grossen Halle würde ich kaum allein korrigieren können.
Allerdings hatte ich vorgesorgt. Erstmals trug ich Sporen und hatte eine
wahrnehmbare Springgerte dabei, auf dem Weg zu Sprung eins zusätzlich
gefühlt "das Messer zwischen den Zähnen!"
Tatsächlich fragte ich
mich jeden Meter auf dem Weg zum ersten kleinen Sprung im Trabe, ob es
nun Zeit sei das Messer zu wetzen und energisch draufzuhauen? Da waren
wir auch schon mit einem grossen flüssigen Satz darüber. Und wieder
zurück. Wieder flüssig. Und nochmal aus dem Galopp ... und Sprung zwei.
Ach ja. Der leidige wahrnehmbare Baumstamm diesmal aus der anderen Ecke
der kurzen Seite, aber eben die selbe Aufgabe ... Ich grübelte noch, da
war Karlchen schon darüber geflogen! Und wieder zurück! Zug auf der Uhr
und reichlich davon, Karlchen war gar nicht zu bremsen, sobald er den
Sprung ins Visier genommen hatte! Kein Gedanke mehr an rechts oder links
vorbei - ich war sooo erleichtert!
Tatsächlich hatte ich
Freudentränchen in den Augen, so schön war das! ... und endlich das
sichere Wissen: wir sind auf dem richtigen Weg! Das Erfolgserlebnis
"feierte" ich noch mit einem Spazierritt durch die Felder zur Werse,
dann ging es mit einem satten Gefühl von Zufriedenheit nach Hause.
Später schrieb mir eine Gruppenkollegin, die ich sehr für ihren Reitstil
bewundert hatte: "Dein Kracher wird seinen Weg machen, der hat ja ein
Wahnsinnsvermögen. Ich hoffe, du bist heute mit einem ebenso fetten
Grinsen wie ich nach Hause gefahren!" So war es.
Karlchen hatte
sich vollständig rehabilitiert liess auch in den folgenden beiden
Trainings keine Zweifel mehr aufkommen. Immer alles aus dem Trab
zunächst, danach flüssig im Galopp und kleine Minikurse über drei bis
vier Sprünge, immer im gelassen räumenden Galopp auf den langen Wegen,
immer einladend, mitnehmend und einfach nur schön! Erstmals wagten wir
beim dritten Mal auch eine rell kurze Hecke aus der Ecke - gar kein
Probelm. Kein Schwimmen, kein Zögern. Ich musste mich einfach nur
mitnehmen lassen und nicht stören.
Keine Frage: mit einem Profi
im Sattel würde Karlchen inzwischen souverän Sprung eins bis acht im
Fluss absolvieren. Aber ich bin kein Profi und werde auch keiner mehr
werden. Mein definiertes Ziel für diese ersten vier Geländetrainings in
diesem Winter war, Karlchen mit dem selben Gefühl im Sattel seinen Weg
zu den Sprüngen finden und machen zu lassen, wie La Jeanne es seinerzeit
zelebriert hat. Genau das haben wir erreicht. Und vermutlich noch ein
kleines bisschen mehr. Anders als La Jaenne und Fabrice verfügt Karlchen
in der Tat über unbegrenztes Vermögen. Ganz wie Shannon seinerzeit. Und
der hat mir mit Einstellung und Vermögen die schönsten und
erfolgreichsten Jahre im Sattel beschert. Die Hoffnung war, dass
Karlchen mir zwanzig Jahre später möglicherweise nochmal einen zweiten
Shannon beschert. Karlchen scheint auf einem guten Weg dahin!
20.3.2022
Von der grossen Freude am
kleinen Sprung!
Das erste "Draussen Training" und der Wind pfiff uns um die
Ohren. Karlchen war gut drauf und übertrieb mächtig an dem ersten
kleinen Sprüngelchen - die helle Freude! Wir konnten genau da weiter
machen, wo wir vor ein paar Wochen in der Halle aufgehört hatte: ein
paar Sprünge mehr in Serie und das ganze aus dem Fluss.
An zwei
Schweineställen gab es dennoch Vorbeiläufer. Den einen konnte ich auf
Anhieb durch nochmaliges ruhiges und vor allem bewusst mittiges Anreiten
lösen, der andere gab mir Rätsel auf. Unten aus der Ecke kommend, aber
doch so tief in die Wendung reingeritten, um dem Pferd eine bewusste
Wahrnehmung für den Sprung zu verschaffen - und doch ging es wieder
kopflos dran vorbei .... Bis Michael riet: "Denk' beim antreiten mal
bewusst an 'durchparieren zum Schritt!'" - Klick - Pferd schliessen -
klick - halbe Paraden - klick - halbe Paraden ... siehe da, kaum macht
man es richtig, schon funktioniert's!
Beim
Abreiten
hatte ich noch "Anpaarungen für eine Vollblutstute" mit einer
Teamkollegin diskutiert (danke Melli, dass du uns so passend verkungelt
hast!) und nach Karlchens ersten Sprüngen rief sie mir spontan quer über
den Platz zu: "Den nehm ich! Wir tauschen!! Der ist ja sooo cool und
rittig und der hat richtig Vermögen ...!" Da lacht natürlich das
Züchterherz und ich bin gespannt, für welchen Hengst sie sich
entscheiden wird .... Gut möglich, dass Capistrano an diesem Tag
Diacontinus das Wasser abgegraben hat.
16.4.2022 Karsamstag
Freundeskreis Geländetraining in Greven - Karlchen ausser Rand und
Band!
Ein unerwartetes freudiges Wiedersehen mit
Familie Löfken, entspanntes Schwatzen und ebenso entspanntes Einreiten
auf den grossen Platz in Greven - Karlchen supercool, dachte ich, und
bummelte in Ruhe mit ihm über den Platz und um die Sprünge. Die erste
Trabtour gelassen-kernig aussen rum, die zweite Runde behutsam die
zahlreichen Wälle mit einbauen - dachte ich. Karlchen war hellewach und
äusserst motiviert und flog die langen Wälle förmlich herab. Oha! Der
Bub hat Feuer gefangen! Bewusst mit gebremsten Schaum den langen Wall
mal herauftraben, weit unten kam uns ein Pferd ein entgegen, Karlchen
hämmerte wie ein Steitross auf den Wall und tat einen kurzen Steighüpfer
dazu! Derart aufgekratzt hatte ich ihn noch nie erlebt und beschloss,
den Übermut aussen rum in ergiebigen Galopp umzuwandeln. Gute Idee, fand
Karlchen, und schoss dann auch gleich mal davon. Karlchen im Schuss?
Keine Frage, Frühlingsgefühle und reichlich davon, der Platz motivierte
mein Pferdchen spürbar! Die helle Freude!
Unser ergiebiges Dressurtraining bei Tina
sorgte breits für spürbare Unterschiede im Sattel. Angaloppieren jeweils
geschlossen in die Hand und passend rechts wie links - durchspringen und
auch im leichten Sitz kontrollierte Spannung - richtig gut! Das erste
Sprüngelchen gepflegt aus dem Trabe, dachte ich. Als Karlchen
realisierte, wo die Reise hinging, nahm er mir die Hand und knatterte im
ungebremsten Galopp auf das Stängelchen zu und sprang gefühlt
zweimetersechzig hoch - ich musste breit grinsen, bemüht um Kontrolle.
Die, immerhin, gabs nach der Landung leicht wieder. Nur im Galopp
sollten wir das Sprüngelchen besser nicht nochmal anreiten, das drohte
aus dem Ufer zu geraten ... weite Wendung hin zum Birkenstapel, das
selbe Spiel: als
Karlchen sah, wo die Reise hinging, wurde ich zum Beifahrer.
So sehr ich mich über sein überschäumendes
Engagement auch freute (was für ein Pferd!), Kontrolle musste sein.
Gerade im Busch. Ich hatte also rausgefunden, dass Karlchen gar nicht an
vorbeilaufen dachte und ganz sicher nicht bewusst "hingeritten" werden
musste. Also kultiviert im Trabe, und wenn er dann ein zwei
Galoppsprünge vor dem Absprung von sich aus angaloppierte, war es gut.
Minisprüngelchen, Birkenstapel und eine lange dicke Plantane - und
das ganze nochmal andersrum. Immer noch mit deutlich Zug auf der Uhr,
aber mittlerweile deutlich kultivierter. Und nach der Landung immer
kugelrund vor mir. Man konnte durchaus von "Reiten" sprechen. Und es
fühlte sich einfach fantastisch an!
Karlchen hatte
sichtbar Spass an der Sache - so soll das sein!
Auf- und Absprünge. Ganz was neues für
Karlchen. In diese "Sunken Road" sollten wir uns einfach "reinplumpsen"
lassen, vielleicht merkt er ja gar nicht, dass es da "nach unten" geht,
riet Michael. Genau so wars. Engagiert bummelte Karlchen hinter den
anderen Pferden her, und "plumps" standen wir unten. Mehr reflexartig
als bewusst und gerade mit so viel Schwung, dass es für einen knackigen
Sprung nach oben raus wieder reichte. Breites Grinsen!! Was hatte ich
mit Shannon seinerzeit an diesen Tiefsprüngen zu knabbern gehabt ... Im
Team an der Kante entlang Runde um Runde drumrum, um ihm das Vertrauen
für den "Flup" nach unten zu geben. "Runter" war Shannon's Sache nicht.
Karlchen ist völlig unbesorgt. Ein bisschen hingucken dürfte er
allerdings schon ...
Das grosse Billard. Ich fand es ziemlich gross. Zwei Aufsprünge,
Karlchen am besten im Troddelschritt .... Und wieder die Frage: zieht er
von sich, bleib ich einfach still sitzen oder muss ich doch treiben,
damit er gar nicht erst zögert?
Ich hatte noch nicht zu Ende gedacht, da war
Karlchen mit einem Riesensatz auf die erste Plattform gesprungen, tat
einen zweiten hinterher und katapultierte uns mit Wums nach ganz oben -
und fröhlich bockend wieder runter - liebe Güte! Hat er wirklich
gebockt? Karlchen???
Das ganze nochmal, "die anderen im Galopp,
Sabine besser nochmal nur im Trabe ...!" Sabine entschied in weiser
Voraussicht erneut für Troddelschritt und Karlchen knatterte wieder
respektlos in die Höhe - diesmal war ich darauf gefasst und nein, er
bockte nicht auf dem Weg nach unten. Aber er war sichtlich
vergnügt und engagiert unterwegs! Die helle Freude!
Das ganze in die
andere Richtung den Billard runter springen! Oha! "Sabine, du kommst am
besten im Schritt..." Ja, besser ist das .... Im Troddelschritt nach
oben geritten und Karlchen zieht (!) zur Abgrundkante, ein Satz nach
unten, noch einer direkt hinterher, und diesmal feierte er die
wiedergefundene Bodenhaftung deutlich mit Bocksprüngen! Karlchen
bockt!!! Ich war
darauf gefasst gewesen, eine echte Herausforderung allerdings: nicht zu
weit nach vorn kippen, reichlich Zügel geben und dann Unterschenkel
bewusst nach vorn und tief zurück in den Sattel ... Hat auch
geklappt! "Du musst die Zügel nicht ganz so schnell wieder aufnehmen
damit er die nötige Zeit hat ..." Ja klar, Zeit zum losbocken ... Es w a
r ein grosses Vergnügen und ich habe mich so gefreut weil mein Pferdchen
sich so gefreut hat!
Reiten macht Spass -
allen Beteiligten!
Das Wasser. "Alle mal
hintereinander im Schritt dadurch!" Karlchen und ich waren eigentlich
die letzten, aber vor uns war jemand stehen geblieben und klemmte...
"Ich glaube, ich kann helfen! Ich glaube da geht Karlchen wohl so rein
und du kannst einfach hinterher..." Genau so war es. Einmal energisch
treiben und Karlchen marschierte laut platschend in und durch das
Wasser! Herrlich!
Das ganze nochmal im Trabe und er tat einen
"Hups" mitten im Wasser! Was soll ich sagen? Ich hatte es geahnt und
mich sehr um einen festen Sitz bemüht - und musste schallend lachen!
Kaum waren wir raus, gabs noch einen deftigen Bocksprung hinterher -
keine Frage, Karlchen war gut drauf!
Selbst während der
grossen Warteschleifen in Wassernähe tat mein Karlchen plötzlich
unverhofft einen queren Sprung in die Luft, so habe ich ihn noch nie
erlebt! Und war ziemlich stolz, dass ich das alles sicher ausgesessen
habe .... Die Bügel hatte ich vorsichtshalber erst nach den ersten
Sprüngen auf angemessen kurzes Buschreitermass verkürzt und habs dennoch
ausgesessen... man staunt, was alles noch geht...
"Sabine, ihr seid fertig!" Ja, man muss aufhören
wenns am besten ist! Nach dem letzten Galoppwasser (das einzige Mal,
dass ich wirklich treiben musste - das Wasser kostet Karlchen merklich
Kraft) liessen wir den Gang drin und gloppierten noch eine gediegene
Runde vorwärts abwärts aussen um den weiten Platz - Träumchen!
19.4.2022
Am Dienstag erreichten mich die Fotos von Tina Löfken
und es raubte mir kurz den Atem! Was für herrliche Bilder! Nur zu gern
verlinke ich an dieser Stelle Tinas
Instagram Account 'my_simply_nature', als
Kontaktadresse für alle Interessenten an Tinas Fotografie - es lohnt!
Liebe Tina, ich hatte Tränen in den Augen, so
sehr habe ich mich über deine Fots gefreut - danke!
23.4.2022
Karlchen in Greven -
"Gelände-Revival" mit Mel!
Dem puren Zufall und ganz und
gar alter Zeiten Gedenken war es geschuldet, dass Karlchen und ich eine
Woche später erneut nach Greven zum Geländetraining fuhren.
Geländetraining bei Mel!
Mehr als zwölf Jahre ist es her, dass
Melanie und ich gemeinsam im Busch unterwegs waren. Damals noch mit
Shannon, und später auch mit
La Jeanne, und es war meine
schönste Zeit im Sattel. Zwölf Jahre später habe ich nun in Karlchen
endlich wieder ein Pferd, mit dem ich dort weitermachen kann, wo wir
damals aufgehört haben.
Melanie hatte den Platz in Greven
gebucht und es sollte unser gemeinsames "Gelände-Revival" werden, ganz
in alter Eberhard- und Martin Plewa-Manier ... Und getreu unserer
Referenzen aus alter Zeit wusste Melanie auch alle Knöpfe bei mir zu
drücken, die ich nur sehr ungern gedrückt haben wollte: Bewusst aufrecht
sitzen bei Tiefsprüngen, Kopf hoch, Oberkörper aufrecht und "dem Pferd
zum Sprung den Zügel lassen - Hand vor und den Sprung allein suchen und
machen lassen!"
Es geht doch nichts über eine gute, alte
Freundin, die die Schwächen schonungslos offenlegt ...
O-Töne
Martin Plewa, der genau auch diese meine Knöpfe seinerzeit im Sattel von
La Jeanne zu drücken wusste, als Jeannie bereits so grandios in Karlchens Alter
im Busch unterwegs war. Und ja, es kostete Überwindung, dem übereifrigen
Karlchen auf dem Weg zum Sprung einfach den Zügel zu geben - der kleine
Mann explodierte geradezu ... Es reichte völlig, alles was da kam aus
dem Schritt anzureiten. Kaum wurde Karlchen des Sprunges gewahr, zog er
an. Mit der Landung hielt dann regelmässig wieder die Ruhe Einzug in den
kleinen Karl und der Reiter gewann Vertrauen zum Pferd. Das war auch
dringend nötig, denn Mel hatte einiges vor mit uns. Tiefsprünge,
idealerweise ohne Überschlag...
Aus dem Schritt Richtung Stufe und
Karlchen hüpfte los, "Zügel los, Kof hoch, Oberkörper!!!" tönte es von
Mel und siehe da - es lief! Selbst mit Mel-verordneten super-kurz Bügeln,
die mir das Aussitzen von Übermutsbucklern danach durchaus herausfordernd
gestalten. Dass ich trotzdem zu keinem Zeitpunkt unsicher war, war die
schönste Bestätigung, im Sattel doch auch etwas richtig zu machen ...
Wie oft und mit welcher Freude ich mir die MiniClips dieser
Tiefsprüngelchen auf WhatsApp später angesehen habe, kann ich nicht
sagen. Ich hatte jedes mal ein breites Grinsen im Gesicht. Ob wir noch
eine Wünsch-dir-was-Liste hätten?, fragte Mel. Oh ja! Mein Wunsch war,
einmal einen offenen Graben zu springen. Sowas hatte Karlchen bis dahin
noch nicht gesehen. "Mit Führpferd!", ordnete Mel an. Keine Frage.
Graben, "Guck!", und Supersatz darüber, war eines, und beim zweiten und
dritten Mal ohne Führpferd bereits ein souveränes Selbstverständis für
das junge Pferd. Was für ein unerschrockener braver Kerl!
Zu
meiner grossen Freude war auch Freund Klaus mit dabei, ausgewiesener
Busch-Experte der er ist, und er war voll des Lobes über den
unerschrockenen, motivierten jungen Karl. "Erhalte dir den bloss wie er
ist,mach den nicht sauer!", lautete Klaus' guter Rat und Recht hat
er. So ein Pferd ist ein Geschenk, und "weniger" ist deutlich mehr!
Der krönende Abschluss war dann die finale kleine Runde inclusive
Wellenbahn mit nicht geübtem Baumstamm-Absprung im Galopp, auf die Mel uns schickte -
ein Fest! Karlchen sah, zog und sprang, ganz egal was da kam! Beseelte
Euphorie beschreibt das Gefühl wohl am besten, mit dem ich mein Karlchen
an diesem Tag nach Hause gefahren habe. Genau so hat sich das damals mit
Jeannie auch angefühlt. Was für ein Pferd!
5.5.2022
Als Melanie sechs Wochen später den Platz in Hamm- Rhynern
gebucht hatte, stand unser zweites "Gelände-Revival" auf dem Programm.
Wir hatten alle über "Karlchen-Supermotiviert" dazugelernt und blieben
dem Grevener Muster treu:
im Trabe anreiten reicht, im Zweifel
aus dem Schritt. "Hand vor, Kopf hoch, Oberkörper!!!" tönte es
erneut allüberall von Mel und Karlchen zog, sprang und kletterte
unbekümmert und motiviert alles, was da kam ... Wieder waren es die
schönsten WhatsApps, die mich im Nachgang erreichten, und die ich wieder
und wieder unter Beibehalt der Tonspur (Mel!) mit einem breiten Grinsen
im Gesicht studiert habe. Danke, Ulla Lülf, für diese umfangreichen
begleitenden Videoeindrücke! Besser kann man selber im Nachgang nicht
lernen!
Den langen grossen Wall raufklettern, Baumstamm-Aufsprung und
einige wenige Galoppsprünge nur bis zum Absprung, und "ich stell mich
euch auch in den Weg, damit Karlchen hier oben auch Mal bremst!", tönte
Mel wohlweislich und engagiert. Ganz und gar ausbremsen auf dem Weg zum
Tiefsprung liess der kleine Kerl sich allerdings nicht, dennoch wurde es
noch eine akzeptabel flüssige Sequenz - gefühlt mit überschäumendem
Bocksprung als wir wieder unten angekommen waren und ich war bannig
stolz, als ich das selbst mit "Mel-verkürzten-Bügeln!" ausgessen habe.
Und wiederholt gebotenem "Kopf hoch!", selbstverständlich!
Auf meiner ganz persönlichen Wünsch-dir-was-Liste zum Abschluss stand
diesmal der erste überbaute Graben, den dieser Geländeplatz im hinteren
Bereich im Ideal hergibt. Auf ein Führpferd wollte ich heute bewusst
verzichten und statt dessen ganz bewusst herausfinden, ob der kleine
Karl nach ausgiebigem Auf- und Abreiten am langen überbauten Graben die
Herausforderung nicht auch ganz allein annahm. Er nahm. Und zwar mit
Verve! Melanie platzierte alle übrigen Kursteilnehmer gut sichtbar
hinter dem Sprung und Karlchen nahm im lässigen Trab Kurs auf unseren
ersten überbauten Graben. Das Hindernis realisieren und von sich aus mit
Zug im Galopp darauf zu, war eines - Mel's Tonspur zu diesem
beeindruckenden Sprung ist legendär! "Hand vor, Oberkörper hoch! Oben!
Kopf hoch! Bleib hoch!" Knaller!
Weniger ist deutlich mehr, dazu
gehört aufhören, wenn es am schönsten ist. Für das übermotivierte
Karlchen war es genug, da waren wir uns beide einig. Einmal mehr
uneingeschränkte pure Freude im Sattel (und vermutlich auch darunter)
und erneut eine Heimfahrt in beseelter Euphorie - Reiten macht richtig
Spass! Danke, Mel!
13.5.2022 Das
erste Turnrier
Freitagmorgen stand die erste Springpferdeprüfung
für Karlchen auf dem Programm. Fünf Pferde hatte Kim dabei, davon zwei
in der "kleinen" Ein-Sterne A. Kims Routine tat mir gut. Ich war die
einzige, die wirklich nervös war ...
"Was für eine Freude, auf
so einem braven Vierjährigen zu sitzen!", rief Kim mir vom Abreiteplaz
zu. Wasser auf meine Mühlen! Und natürlich war ich stolz auf mein
Karlchen, noch bevor die beiden überhaupt in den Parcours schritten.
Lässig und gelassen. Eine Spur zu gelassen, fand ich, als Kim entspannt
den ersten Sprung anritt. Karlchen-Bummel. Ich hatte es kaum zu Ende
gedacht, da hatte Karlchen den Sprung im Visier: Nase vor, Öhrchen vor -
das volle Engagement!
In typischer Karlchen-Manier zog er unter Kim daher, grosse weite
Sätze eben, wie das so seine verschwenderische Art ist. Den letzten
Sprung hat er dann klar unterlaufen, die vordere Oxerstange fiel. Schade
eigentlich, aber "das muss er eben lernen!", lautet Kims Credo, die hoch
zufrieden war.
Eine Ehrenrunde gab es dennoch. "Kann er sich
schonmal dran gewöhnen!", lachte Kim wieder, und nahm die Schleife für
ihre junge Stute in Empfang. Ich hatte meinen Spass an den beiden.
Karlchen-supercool, zuckersüss geschmückt mit fremden Federn und durch
nichts zu beindrucken.
7,7 und der Abwurf, zwei raus aus der
Platztierung. Und ich war bass erstaunt, als ich später die
Ergebnisliste las: lauter Fünfjahrige dabei! Ich hatte angenommen, hier
seien nur Vierjährige am Start gewesen ... Da muss man sich nichts
schönreden. Das wird ein aufregender Sommer mit Kim und Karlchen!
20.5.2022
Turnier
Nienberge
Das zweite Turnier für Karlchen und die erste makellose
Nullrunde in der Springpferde A mit Kim in Nienberge. Wir waren erneut
begeistert von dem jungen Pferd; unbeeindruckt, motiviert und grosse
Sätze in typischer Karlchen-Manier flüssig über den gesamten Kurs. Nur
die Wertnote konnten wir nicht wirklich nachvollziehen. Das war deutlich
mehr wert als eine 7,4?
Egal. Karlchen durfte sich erneut mit
fremden Federn schmücken und nahm zur Ehrenrunde ein weiteres Mal die Siegesschleife für
Kims Stütchen in Empfang. Ehrenrunde kann er nun wirklich. Eine Frage
der Zeit, bis er seine eigene Ehrenrunde drehen darf, da waren wir uns
einig.
27.5.2022
Turnier Hamm
Rhynern
Das dritte Turnier für Karlchen und diesmal die
Möglichkeit, eine * und ** Springpferde A nur für 4-jährige Pferde
hintereinander zu absolvieren. Erneut ein Freitag, und eigentlich musste
ich diesmal auch ins Büro ... Weshalb Karlchen hinter dem Sprinter
angehängt wurde, so dass ich den Turnierplatz in Hamm Rhynern zügig
verlassen konnte. Erneut ein unbeeindruckt-motiviertes Karlchen
und trotz einmaligen Galoppwechsels über Trab eine 7,7 und
die erste Platzierung! Platz vier für Kim und Karlchen, der sich
erneut zur Siegerehrung mit fremden Federn schmücken und zu der eigenen
blauen auch wieder die Siegerschleife für Kims Stütchen in Empfang
nehmen durfte. Immerhin! Diesmal schmückten ihn auch eigene Federn, da
durfte dann der Züchter mit aufs Bild und freute sich wie verrückt!
Für die nachfolgende **Prüfung hatte ich etwas Sorge, dass der
kleine Tank schon ziemlich leer sei. Das Gegenteil war der Fall. Schon
auf dem Abreiteplatz schoss Karlchen übermotiviert daher, selbst Kim war
beeindruckt. In der Prüfung dann aus er Wendung auf dem Weg zum Oxer im
Aussengalopp die verständliche Irritation (so schnell liess sich der
Galopp diesmal nicht mehr über Trab korrigieren), der folgerichtig die
Oxerstange zum Opfer fiel. Danach ging es allerdings unbeeindruckt in
der typisch grosszügigen Karlchen-Manier makellos weiter. 7,6 und 0,5
Abzug. Schöngeredet wäre das ohne Abwurf noch trotz des Aussengalopps
ein weiteres Mal der vierte Platz gewesen. Damit konnten wir sehr gut
leben!
Das Tüpfelchen auf dem "I" war der spontane Besuch von Silas-Andrea,
die sich allerdings beklagte, ich könne unsere nahen Karlchen-Auftritte
auf dem Platz in Hamm Rhynern doch mal etwas vorzeitiger avisieren?
"Dann hätte ich Silas auch noch mitgebracht!", grinte sie mir fröhlich
lachend zu. Dumm nur, dass mir die Assoziation zu Silas-Andrea im nahen
Lippborg immer erst kurz vor dem Kamener Kreuz kommt :-)
17.7.2022
Karlchen - das erste
gemeinsame Turnier und der erste gemeinsame Erfolg!
Von der
Schärfe kleiner Messerbänkchen, FN Merkblättern und dem Nicht-Geschick
des Herrn Caprilli ...
Zwölf Jahre ist es her, seit ich
das letzte Turnier geritten habe. Und ich habe lange mit mir gerungen,
ob ich überhaupt jemals wieder einen Reiterausweis beantragen sollte.
Noch einmal richtig "Busch" reiten! Als ich Shannon
2005 verlor, hat es ganze vier Jahre gedauert, bis ich mich mit Silas an
die ersten Turnierchen getraut habe. E-Springen mit meinem Dressurpferd
... ! Karlchen sollte nun mein zweiter Shannon werden und
tatsächlich ist der brave kleine Kerl auf einem guten Weg dahin. Dennoch
bin ich dankbar, in Kim die ideale Reiterin gefunden zu haben, die das
junge Pferd professionell und reiterlich wunderschön anzusehen durch
Springferdeprüfungen pilotiert. Dazu fehlen mir die Nerven, und von
gutem Springreiten-können kann schon gar nicht die Rede sein.
Jetzt also das vierjährige Karlchen, der einfach alles richtig
macht, aber eben auch noch lernen muss. Die nötige Routine fehlt uns
beiden. Doch dann kam Michelle ... Als Michelle im Frühjahr ganz
begeistert von ihrer ersten Caprilli-Prüfung mit dem
Kleinen Prinzen berichtete,
wurde ich hellhörig. Caprilli! Das wäre doch was für Karlchen und mich
zum Einstieg! Herr Caprilli hat den leichten Sitz erfunden, das wusste
ich, alles weitere ergaben nostalgische Assoziationen aus meiner
Schneider-Buch Kinderzeit. "Geschicklichkeitsreiten mit kleinen
Geländesprüngen" - dachte ich ...
"Mit dem „Caprilli-Test“ ist
in den vergangenen Jahren ein reiterlicher Wettbewerb entstanden, bei
dem in einer Aufgabe grundlegende Fähigkeiten im dressur und
springmäßigen Reiten demonstriert werden. Bewertet wird die harmonische
Vorstellung von Reiter und Pferd.", so steht es bei der FN zu lesen. Und
ausdrücklich für erwachsene Wiedereinsteiger gedacht, heisst es weiter
im FN Merkblatt. Ah! Flugs hatte ich die Prüfung genannt (und war bannig
stolz, das online überhaupt hingekriegt zu haben), da las ich weiter im
Merkblatt. "Analog Aufgabe 2a", hiess es in der Ausschreibung. Da hätte
ich mir das Merkblatt mal besser vor dem Mausklick bis zu Ende
durchgelesen ...
Eine schnittige Eignungsprüfung ohne
Tempoverstärkungen, aber eben auf dem 20 x 40-er Viereck inclusive einer
kleinen Distanz (!) an der langen Seite wurde da gefordert, und ich sah
mein Karlchen schon mit fliegenden Fahnen mit mir über die 20 x 40-er
Messerbänkchen weit ausserhalb des abgesteckten Vierecks davon fliegen
... Geschicklichkeit? Mit Geschicklichkeitsreiten hat Herr Caprilli
aber auch gar nichts zu tun! Merke: Schneider-Bücher eignen sich nur
sehr bedingt zur Herleitung moderner Prüfungsformen.
Dank Tinas unglaublich förderlichen Dressurunterrichts hat Karlchen sich
in den letzten Wochen allerdings fantastisch unter dem Sattel
weiterentwickelt. Zirkel verkleinern im Trab und Galopp, allein aus dem
Sitz heraus und dabei lernen 'das Schnütchen mal allein zu tragen'
(O-Ton Tina) und reichlich vorwärts-rückwärts Tempoübergänge,
insbesondere im Galopp, machen aus Karlchen gerade ein echtes
Dressurpferd. Möglicherweise war es auch im leichten Sitz bereits um
unsere Durchlässigkeit so weit bestellt, dass unsere Flugkurven sich auf
einen Radius innerhalb der Messerbänkchen beschränken liessen ... ?
Als der Kurs-Chef schliesslich einen einladenden kleinen Geländekurs
auf dem weiten Geländeplatz gänzlich frei von einschränkenden
Messerbänkchen kreiierte, fiel mir ein Stein vom Herzen. Das sollte doch
wohl machbar sein? Solange Karlchen nicht mitten auf der kleinen
Wellenbahn eine kleine Explosion zum Abstieg einleiten würde, wie er es
an dieser Stelle kürzlich durchaus schon eindrucksvoll vollbracht hat?
Wie verrückt kann man sich für einen Caprilli-Test machen? Nicht
verrückt genug immerhin, um sich für eine einzige Mini-Prüfung auch
gleich komplett neu einzukleiden.
Die Suche nach passender Turnierkleidung gestaltete sich daher
legendär. Ein hippes Turnierblüschen musste es allerdings sein, das war
online zügig zu bekommen. Passform garantiert. Doch auch die besten
massgeschneiderten Turnierreithosen drohen nach 15-20 Jahren
auseinanderzufallen. Da spielt es keine Rolle, ob der Lederbesatz einst
"echt" oder kunstledern daherkam. Selbiges gilt übrigens auch für weisse
Reithandschuh. Erstaunlich, was man im Keller noch alles so findet ...
So kam es also, dass ich heute morgen gleich mit drei (!)
Turnierreithosen zum Stall fuhr, die in Summe etwa dem gemeinsamen Alter
von Karlchen und mir entsprachen. In der stillen Hoffnung, dass eine
davon wohl der neu wiedergeschaffenen Belastung im Sattel standhalten
würde ... Nicht durchdacht hatte ich allerdings, was ich tun würde, wenn
die Hose nicht schon beim Aufsitzen, sondern erst auf dem Abreiteplatz
den Dienst quittierte? Antworten, zu denen man die Fragen am besten gar
nicht erst stellt.
Immerhin: Mein lieber Freund Klaus hatte sich als mentale Stütze bereits
früh um sieben auf dem Turnierplatz eingefunden. Da stand er neben
meinem Karlchen in der Sonne und besah sich grinsend das Schauspiel, als
ich in den Sattel kletterte und die Zügel aufnahm. Es rieselte weisser
Schnee auf Karlchen herab ... Die weissen Handschuh bröselten mit jeder
Bewegung nur so auseinander ... "Nee", sprach Klaus. "Das geht gar
nicht! Damit kannst du nicht losreiten!" Recht hatte er. "Hast du noch
ein anderes Paar Handschuh dabei?" "Eins, Klaus?" Ich musste breit
grinsen. "Drei!" Gleich beim zweiten Paar hatten wir Glück. Das waren
die Billig-Teilchen von anno dunnemal. Guck an! Klaus war zufrieden. Ich
auch. Karlchen sowieso. Das Pferdchen hat ein Interieur, das mit Gold
nicht aufzuwiegen ist.
Auf dem Geländeplatz durften wir den
kleinen Kurs vorweg abreiten, sehr zu Karlchens grossem Vergnügen.
Herzhaft biss er in das schmückende Beiwerk, Turniergrün eben. Ebenso
unbekümmerte trappelte er durchs Wasser, das er ohnehin schon kannte. Am
Wasser feierten wir noch flugs ein freudiges Überraschungs-Wiedersehen
mit Pit und Nobbi, die ebenso spontan angereist waren. Bei soviel
mentalem Beistand konnte doch eigentlich nichts mehr schiefgehen?
Auf dem pony-bunt wimmeligen Abreiteplatz gab es
"Karlchen-supercool" - bis zu den ersten Sprüngen. Da wurde er wach. Und
auch etwas kess. Messerbänkchenkess, sozusagen, und ich war dankbar,
dass wir für etwaige Supersätze ("spektakuläre Sprünge!", wie Anke und
Alexandra es dieser Tage so treffend formuliert hatten) in der Prüfung
reichlich Platz haben würden ...
Guter Dinge kamen wir an den
Start. Und es gibt sie, diese Momente, da weiss man einfach: es läuft!
Als Karlchen in Bilderbuchmanier losmarschierte und auf leichteste
Muskelanspannung nur so unter mir "funktionierte", kam ich aus dem
Strahlen gar nicht mehr raus! Was für ein grossartiges Pferd! Was für
ein herrliches Gefühl im Sattel! "Reite zu deiner Freude!", schoss es
mir einmal mehr durch den Kopf, und ganz genau so war es auch. Ein
Träumchen im leichten Sitz (ganz im Sinne des Herrn Caprilli!), zu
jedem Zeitpunkt fein an der Hand und sicher vor mir. So sollte das ein!
So schön, und ich bedauerte es sehr, als wir unseren kleinen Kurs schon
bald beendet hatten.
grenzenlose
Freude
... und wartete gespannt auf den
Richterkommetar, und der ging runter wie Butter! Von dem stets
zufriedenen Pferd war da die Rede, einfühlsamer Hand und geschmeidigem
Sitz und (man höre und staune!) sicherem Gefühl für die Distanz zum
Sprung! 8,2! Ich war ganz und gar beseelt! Freudentränchen über den
ersten gemeinsamen Turnierstart auf dem selbst gezogenen, selbst
ausgebildeten vierjährigen Pferd. Und ich schämte mich kein bisschen
dafür. Dieses berauschende Gefühl, das man für Geld nirgendwo kaufen
kann. Beseelt!
Zum gemeinsamen Einstieg eine "8", davon hatte ich
geträumt. Und auch die bekommt man nicht, weil andere schlechter sind.
Auf rosa Wölkchen fuhr ich mein Karlchen nach Hause und trug den
ganzen Weg über das beseelte Lächeln im Gesicht.
Derart aufgeräumt und motiviert machte ich mich zurück daheim vor
dem PC gleich mutig auf die Suche nach einem Stil-E Geländeritt als
nächste sportliche Herausforderung für uns. Doch die Logik der FN ist
nicht immer ganz nachvollziehbar. Geländepferdeprüfungen der Klasse A
darf ein Vierjähriger gehen, selbst mit einem unroutinierten
Nervenbündel im Sattel. E-Stilprüfungen jedoch noch nicht. Da werden wir
uns dann doch wohl wieder in die Gesellschaft von Messerbänkchen auf
40-Meter Vierecke begeben müssen und mal eine Reitpferdeprüfung
versuchen? Solange wir alle beide dafür noch nicht zu alt sind ...
4.8.2022
Karlchens zweite
Platzierung in einer Springpferdeprüfung
Es war ein richtig
schönes Turnier mit Geli, Kim und Karlchen in Olfen Vinnum, zwei
Sprigpferde-Prüfungen hintereinander lohnten die Fahrt am frühen
sonnigen Freitagmorgen, Wetter, Boden, Stimmung gut!
Die * A
fiel einem überflüssigen Abwurf aus ungeregelter Wendung zum Opfer, so
schnell liess sich der falsche Galopp dann doch nicht korrigieren.
Gleichwohl, die Grundnote hätte trotz Abwurf noch zu einer guten
Platzierung gereicht. Immerhin! In der ** A rangierte Karlchen mit
einer Nullrunde dann nur ein Zehntel hinter Kims Erfolgspferd Check la
D‘Or, für die er üblicherweise die gelben Schleifen angesteckt bekam. Es
hat mich so richtig gefreut, unsere erste Saison noch mit einer weiteren
Schleife zu beenden!
Mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt, dass Karlchen mit seinem
ihm eigenen, aufwändig-wuschigen Springstil nicht den Anforderungen an
eine konventionellen Springpferdeprüfung entspricht. Die Erkenntnis hat
anfangs weh getan und auch Kim konnte sich über mittlere 7-er Noten oft
nur wundern. Der kleine Kerl macht nicht nur nichts verkehrt, er hat
auch eine unbezahlbare Einstellung und stellt sein enormes Vermögen
selbst mit mir im Sattel immer wieder unter Beweis und sorgt dabei in
unseren Springstunden stets für Aufsehen. Mitunter hat man den Eindruck,
dass er selbst das grösste Vergnügen an seinen unbeschwerten grossen
Sätzen hat .... Mit der souveränen Kim im Sattel ist jeder Kurs ein
lässiges Vergnügen. Solange Kim also weiterhin Freude hat an dem
unkomplizierten Kerlchen unterm Sattel, soll sie ihn gern auch im
nächsten Jahr in der 5-jährigen Tour reiten. Eindrücke wie diese
sprechen für sich selbst!
5.11.2022
Ausreiten mit Svenja an
und in die Ems - immer wieder ein Fest und das grösste Vergnügen, wenn
es nach ausgiebigem Planschen im Wasser auf dem Rückweg über die
herrliche Galoppstrecke durch den Wald geht ... Danke, Svenja!!
Herbst
2022
Das Motto unseres zweiten gemeinsamen Herbstes mit Karlchen
könnte lauten: "Der ist erst vier!" Aus gutem Grund.
Der
zweite gemeinsame Herbst mit Karlchen, der sich mit seinen vier Jahren
nun vollends zu meinem allroundigen Spassmobil entwickelt
hat. Sportlich, aber auch einfach nur die tägliche Freude am Pferd -
Karlchen hat sich zu einem zweiten Shannon und Silas entwickelt, selbst
als Führpferd macht er inzwischen einen souveränen Job wenn Ladybird mal
reitfrei hat und wir zu dritt durchs Gelände bummeln. Ich bin froh
und dankbar, ein solches Pferd mein eigen zu nennen … "Und noch dazu
selbst gezogen!", wie unser Oli nicht müde wird zu betonen.
Anlässlich einer unserer privaten kleinen Springstunden im November
daheim in der Halle - ich will mich in später Routine üben und da ist
Oli einfach der goldrichtige Ausbilder! … - ist es Oli, der ruft: "Das
macht der super! Und der ist erst vier! ... und dann noch selbst
gezogen!"
Das sind sie dann, diese Kommentare aus Freundesmund,
die mir stets ein breites Lächeln ins Gesicht zaubern … Ergänzt wird
das Ganze dann trefflich durch Lina, die unsere Springstunden
Mittwochabends in Handorf unterrichtet. Mit einem breiten Grinsen im
Gesicht ist es Lina, die während unserer Sprünge dort in ihrer
souveränen Art kommentiert: "… der macht alles richtig," und auf der
unterschwelligen Tonspur setzte sie nach: "wenn man ihn nur lässt…"
Ich muss dann immer laut lachen. Karlchen trägts mit Fassung.
Ende Oktober habe ich mit Karlchen an einem Springlehrgang bei
Philip Hartmann teilgenommen. Etwas Herzklopfen hatte ich schon. Philipp
und ich kennen uns seit meiner ersten Springstunden in Handorf Sudmühle
vor über zwanzig Jahren noch auf Shannon. Inzwischen ist Philip bei
Ludger Beerbaum unter Vertrag, bleibt dem heimischen Verein aber treu.
So kommt man dann als Freizeitreiter auch mal in den Genuss solcher
Springlehrgänge.
Als ich mit Karlchen samstags in die grosse
Halle ritt, sah Philipp uns interessiert entgegen. Sein Blick blieb auf
Karlchens blanken Beinen hängen. "Der ist nicht beschlagen, deshalb
trägt er auch keine Gamaschen", erkläre ich. "Musst du mir nicht
erklären", sagt Philipp. "Da rennst du bei mir offene Türen ein ….!"
Mir fällt ein Stein vom Herzen. Unter Profis mag man durchaus geteilter
Meinung sein über ein komplett "blankes" Pferd im Sport. Auch wenn der
Trend zum Barhuf sich aktuell zu entwickeln scheint. Der Trend zu
überflüssiger Beinkleidung braucht noch seine Zeit ...
Am Sonntag
hat Philipp uns einen pfiffigen kleinen Kurs aufgebaut, der sich
allerdings durch eine kniffelige scharfe Rechtswendung aus der Ecke
auszeichnete. "Da musst du jetzt aufpassen, Sabine, und wirklich korrekt
reiten. Das ist für dein junges Pferd keine einfache Linienführung …"
Richtig genug. Wer reitet eben nicht korrekt durch die Ecke und macht es
seinem Pferd unnötig schwer auf den Folgesprung?
Needless to
say: Karlchen riss es einmal mehr raus und schaffte uns beide dennoch
fehlerfrei durch die gestellte Aufgabe. Philipp sagte erstmal gar
nichts. Seine schweigende Kritik an meinem Reiten lag spürbar in der
Luft. Dann tönte ein Mädel aus dem Kurs ganz verblüfft: "… und der ist
erst vier??" Und Philipp (deutlich vernehmbar): "Der ist erst vier …."
Mehr brauchte es nicht. Unsagbar stolz auf mein Karlchen!
13.4.2023
Karlchen und Ladybird
Manchmal kann man wirklich nur staunen!
Seit Wochen versuche ich, Karlchen und
Ladybird einmal gelungen in Szene zu setzen. Bei idealem Sonnenschein im
fotogenen Grün mit der aufwändigen Spiegelreflex … Es will nicht
gelingen.
.…und dann kommt Kim mit ihrem Handy und haut
mal eben derart gelungene Fotos von den beiden raus - bei schlechtem
Wetter während des Mistens auf dem Schlammpaddock!
Ich war ganz und gar
begeistert! Schöner und authentischer kann man die beiden Turteltauben
wirklich nicht in Szene setzen - Danke, Kim!
1.5.2023
Lehrgeld
Karlchens erster Start in einer Geländepferdeprüfung - lässig und
souverän, bis zu der Stelle wenn der Faden reisst ... Am Trakehner
Graben war die Reise zu Ende, Frank und ich konnten uns keinen Reim
darauf machen. Den Sprung kannte Karlchen vom Training, heute war er ihm
unheimlich.
Lehrgeld. So ist das mit jungen Pferden.
Zuvor hatten die beiden bereits eine rhythmische Bilderbuchrunde wie
an der Schnur gezogen in der in diesem Jahr erstmals ausgeschriebenen
Geländepferde E hingelegt - Bilderbuch!
Ich war ganz und gar begeistert von der souverän-gelassenen
rhytmischen Runde und Karlchens immer wieder sichtbar engagierten
Einstellung an den Sprüngen!
"7,5!" lautete dann die Wertnote und ich weiss nicht, was schwerer
wog:
die bittere Enttäuschung über eine solche Note für ein
Pferd, das einfach nichts falsch macht, oder die Bestürzung, was es wohl
mit der Verweigerung am Trakehner Graben auf sich hatte...
Sehr unglücklich habe ich mein Karlchen heute nach Hause
gefahren.
Riesen Kompliment an Frank, der sich selber unendlich Gedanken
machte, ob und wodurch er das Pferd womöglich verunsichert hätte? Wir
verabredeten uns für den nächsten Abend, um zu korrigieren was zu
korrigieren war. Doch das war nicht unser Karlchen, so wie wir ihn
kannten. Brav machte Karlchen seinen Job, aber es ruckelte und klemmte
sichtbar und der Karlchen-sorglose Zug zum Sprung fehlte.
Wir fingen ganz klein an: offener einfacher
Graben, den er üblicherweise mit dem Finger in der Nase sprang ...
Mittlerer überbauter Graben vont gut einsehbarem Profil. Er zog einfach
nicht. Den in Frage stehenden Trakehner hatten wir noch gar nicht
erwogen, da sagte Frank: "Lass uns abbrechen. Der macht das brav, aber
der ist einfach nicht er selbst. Lass uns am Wochenende nochmal
herkommen und es ganz von vorn versuchen." Frank sprach meine eigenen
Gedanken aus. Genau so sah ich das auch ...
Eine Woche später und Karlchen war wieder ganz er selbst. Mit den
beiden Versuchssprüngen vom Montag mussten wir uns gar nicht lange
aufhalten. Frank hatte wieder sein üblich gutes Gefühl im Sattel und
Karlchen sprang den Trakehner aus allen Lebenslagen. Und er tat es mit
soviel Engagement, dass Frank einmal beherzt eingreifen und Karlchens
"Anflug" energisch abbrechen musste ...
"Was war das denn???"
fragte ich verblüfft. Frank grinste. "Ich mag ja nicht immer jede
Distanz ganz hundertprozentig treffen, aber diese hier hätten wir
hundert prozentig n i c h t getroffen und wären womöglich mitten drin
gelandet wenn ich ihn nicht ausgebremst hätte ..."
Karlchen
sorglos. Da war er wieder! Wir waren alle beide so erleichtert ...
und Karlchen höchst zufrieden!
24.5.2023
Optimistisch machten wir uns Ende Mai auf
den Weg nach Handorf Sudmühle zu den Geländepferdeprüfungen an der
Westfälischen Reit- und Fahrschule. Karlchen war gut drauf - Frank
sowieso.
Die einladende Geländepferde E bot einen
idealen Einstieg und allerbeste Vorbereitung für die folgende A. Der
Kurs war einladend alters- und pferdegerecht, entsprechend schnurrte
Karlchen mit Frank durch das Gelände. Locker, rhytmisch, rittig. Sobald
Karlchen den nächsten Sprung im Visier hatte und wusste, wohin die Reise
ging, hob er das Köpfchen etwas höher und galoppierte mit gespitzen
Öhrchen in seinem unerschüttlichen Rhytmus genau dorthin. Kein Ziehen,
kein Zerren, kein Schwanken. Ein Genuss, zuzusehen.
Entsprechend
angemessen lautete der Richterkommentar: Sicher, rhytmisch,
-ausgesprochen rhytmisch!- rittig, zufrieden, gut am Sprung.
Wertnote 7,0.
7,0?
Frank war sicher, ich
hätte mich verhört. 7,9 hätte es gelautet. Und selbst das sei nicht
genug: "Das war
so eine lockere schöne Runde, Karlchen hat einfach alles richtig gemacht
und das hat so viel Spass gemacht!"
Da hätte ein 8 davor stehen sollen, und das
sah er nicht allein so.
Die Runde war einfach souverän. Genau so hatte
ich das auch gesehn.
Es blieb bei 7,0.
Eine Wertnote, die so gar nicht zum
begleitenden Kommentar passte.
Weshalb Frank zum Richter ging und um
Erläuterung der Wertnote bat.
"Rittig, locker,
sicher, rhytmisch, gut am Sprung ...", gab der Richter gern Auskunft
über seine Notizen.
Genau.
Und wieso ist das nur eine 7,0?
Wie passen diese Kommentare zur Wertnote?
Kurzes Nachdenken und
dann sinngemäss, "achja, der hätte einfach mehr Zug zum Sprung
entwickeln müssen ... mehr nach oben, mehr nach vorn, mehr Biss...".
Sinngemäss.
Ich hatte während der Prüfung in Hörweite der
Richter gestanden und die begleitende Konversation beider Richter
verfolgt: "Der
frisst den Sprung ja gar nicht!" (O-Ton). "Der zieht ja gar nicht
richtig hin ... der muss den Sprung mehr fressen."
Nun sind notengebende Einschätzungen immer
subjektiv und man kann sich streiten, was gut und was befriedigend ist.
Takt -und damit stets gleichbleibender
Rhytmus- der als solches ausdrücklich angemessen Kommentierung fand, ist
Karlchens grösstes Plus. Unter Frank schnurrt er daher wie einst der
schwarze Palomino vor dem Kaufhaus von C&A (die Älteren unter uns werden
sich noch gern daran erinnern): Man wirft einen Groschen ein und dann
galoppiert er los in stets gleichbleibendem Rhythmus, unerschütterlich,
und hört erst auf, wenn der Groschen aufgebraucht ist ...
Genau so sehen es die Richtlinien der FN
vor. Takt ist
nicht ohne Grund das erste und wesentlichste Kriterium der
Ausbildungsskala. Auch für ein Spring- und Geländepferd. Gerade für ein
Spring- und Geländepferd auf dem Weg zum Sprung.
Ich habe mir die Mühe
gemacht und bei der FN nachgeschlagen. Dort heisst es ganz im Gegenteil
im Merkblatt Geländepferdeprüfungen, erarbeitet von der Deutschen
Reiterlichen Vereinigung (FN) e. V. und der Deutschen Richtervereinigung
e. V.:
Zielvorstellung ist eine flüssige,
harmonisch-rationelle Absolvierung der Geländestrecke. Der Schwerpunkt
der Bewertung liegt eindeutig auf den Eigenschaften und Fertigkeiten des
Pferdes, ...
Das Pferd/Pony sollte so geritten sein, dass
es ein dem Streckenverlauf angepasstes rhythmisches Galoppieren über den
gesamten Parcours zulässt, das auch im
Anreiten der Hindernisse nicht ohne Begründung unterbrochen wird.
...
Genau das zeichnet Karlchen aus.
Unerschütterlicher Rhythmus.
Das Kriterium: "Der frisst den Sprung ja
nicht!", "Der muss den Sprung mehr fressen!" ist nirgendwo in den
Merkblättern der FN zu finden.
Die nachfolgende Geländepferde A
tröstete ein wenig über den gemeinsamen Frust hinweg. Karlchen hatte
erneut nichts falsch gemacht und eine feine rhythmische Runde unter
Frank abgeliefert. 7,9 lautete die Note diesmal, 0,2 Abzug für das
Überschreiten der erlaubten Zeit gab es, weil Frank "auf gar keinen Fall
das Pferd am überbauten Graben möglicherweise nochmal verunsichern
wollte" und sich daher für einen grosszügigen Weg entschieden hat. Sehr
in meinem Sinne.
18.6.2023
Von
schwarzen Palominos und einem jungen Pferd, das einfach nichts falsch
macht ...
Früher gab es in jeder Großstadt vorm C&A einen
schwarzen Palomino mit grossen bunten Flecken (wieso der Schwarze
"Palomino" hiess, entzieht sich meiner Kenntnis), da konnte man einen
Groschen reinwerfen und dann ging es im unerschütterlichen Galopprhytmus
los, tadam, tadam, tadam, so lange bis der Groschen "alle" war. Der
Reiter kam nie in Gefahr, auch wenn er unstandesgemäss am Zügel zog oder
sonstwie falsch einwirkte.
So ähnlich ist das mit Karlchen.
Wenn der über die Startlinie galoppiert, hört man den Groschen leise
fallen (man muss genau hinhören!) und dann geht es im unerschütterlichen
Galopprhytmus los, tadam, tadam, tadam, so lange bis der Kurs zu Ende
ist. Komme was da wolle. Geländepferde oder Springpferdeprüfung.
Unerschütterlich, vertrauensvoll und sicher an den Hilfen, vermögend
sowieso, die Vorderbeine dabei gern in alle Richtungen mit gespitzen
Öhrchen weit nach vorn gestreckt. Unkonventionell. Falsch macht er
nichts.
Meist kommt dann eine mittlere "7" dabei raus und das tut
mir jedes Mal richtig weh. Insbesondere, als der Bub im Sattel meine
grosse Freude über dieses "einfache" Pferd teilt: "Der macht einfach
Spass! Da musst du dir keine Gedanken machen, dass du mal irgendwo nicht
ankommst. Den kannst du einfach "schön" reiten. Der tuts einfach!"
Genau so. Der schwarze Palomino ist inzwischen zu unserem
geflügelten Wort geworden.
Vor zwei Woche in der
Geländepferdeprüfung an der WRFS in Sudmühle hat er exakt so eine Runde
abgeliefert, da hiess es "rhytmisch, sicher, zufrieden, gut am Sprung
... 7,0". Wie passt die Note zum Kommentar? Frank war erschüttert. Er
hatte 7,9 verstanden und "selbst das ist nicht genug", hiess es von
fremden Zuschauern.
Ich hatte hinter den Richtern gestanden und
gehört, wie sie mehrfach monierten, "der frisst den Sprung ja nicht!"
O-Ton. Daraufhin habe ich mir die Richtlinien Reiten und Fahren,
Lehrbögen für Richter und Bewertungsbögen für Jungpferdeprüfungen zu
Gemüte geführt (man lernt ja immer gern dazu) und akribisch studiert.
"Der frisst den Sprung ja nicht" habe ich nirgendwo gefunden.
Stattdessen steht da auch heute noch überall von Takt und Gleichmass und
Rhytmus in der Galoppade und am Sprung als das Maß der Dinge zu lesen
... Genau so habe ich das auch noch gelernt.
Gleichwohl habe ich
meine Strategie danach gedanklich umgestellt und dem konventionellen
Notensystem angepasst. Frank möge doch bitte künftig Stilgelände und
Stilspringen reiten, da gibt's keinen Abzug für unkonventionelles
Springen aber reichlich gute Noten für unerschütterliches Gleichmass
zwischen, vor und an den Sprüngen ... Für einen 5-jährigen sind
Stilkurse das gleiche wie jeder Jungpferdekurs: fair gebaut und gut
zu reiten. Die Idee fand er gut und hatte auch schon entsprechend
genannt.
Heute dann noch eine **A Springpferdeprüfung in der
Nachbarschaft von v o r dem Strategiewechsel genannt, und so richtig
überzeugt war ich nicht. Weils aber nah bei war und Minimum an Aufwand,
habe ich Frank das Pferdchen hingefahren. Einfach. Barfuss. Keine
Hilfszügel, keine Gamaschen. Eben von der Wiese gefischt.
Die
Richter kannte ich nicht und hatte mich nur zwischendurch gewundert über
die mitunter recht unkonventionellen Kommentare zu den
unterschiedlichsten Ritten. Immer nachvollziehbar aber so eine Didaktik
habe ich noch nie gehört.
Kommt Frank mit dem schwarzen Palomino
in den Kurs, wirft den Groschen ein und es macht tadam, tadam, tadam,
bis zum letzten Sprung. Inclusive einmal nachlässiges Anklopfen, das mir
das Herz stehen liess ... Alles blieb liegen, mein Herz nahm das Klopfen
wieder auf, es war eine Bilderbuchrunde fürs Lehrbuch auf einem sichtbar
entspannten Pferd. Es gab Applaus (tatsächlich nicht nur von mir). Ich
war auf eine mittlere sieben gefasst.
Tönt der unkonventionelle Richterkommentar nach dem Applaus: " ....
genau so! ein fachkundiges Publlikum haben wir hier! (hört hört!). Wir
haben hier einen Ritt gesehen, der uns in den grossen Linien äusserst
gut gefallen hat. Das Tempo war passend geregelt ... der Reiter hatte
das Pferd immer unter Kontrolle, das Pferd hat die reiterlichen Hilfen
immer gut angenommen, es gab kein Zögern vor dem Hindernis, wir haben
das Pferd immer gerade von uns weg und gerade auf uns zu gesprungen
gesehen, also kein Verwerfen im Körper ... Dieser schöne Ritt wird mit
der guten Wertnote von 8,5 belohnt!"
Hast du Töne! Platz zwei
und Karlchens erste "8" in einer ernstzunehmenden Prüfung! Eine 8,3
hatte er im letzten Jahr 4jrg mit mir schonmal in einer
Gelände-Caprilliprüfung, aber das zählt im echten Sportlerdasein nicht
so wirklich ;-)
Made my day und Frank hat sich so gefreut,
"endlich bekommt das Pferd mal die Note, die es verdient!"
Sonntag ...
Tagsdrauf gab es dann auch für
mich keine Ausrede mehr, das E-Stilspringen selber mit Karlchen nicht zu
reiten. Hosen voll und reichlich so. Prüfungsangst. Doch das Wetter war
herrlich und es wurde mit Marscherleichterung geritten. Schlecht für
mich, denn ich hatte mir noch immer kein Turnierjacket zugelegt und
hätte also ohne Marscherleichterung eine guten Grund gehabt, nicht zu
reiten … Ach ja.
…
und dann war es ganz wie früher mit Shannon. Genau zwei Sprünge
absolvierten wir in der Abreitehalle und bewusst gelassen ritt ich im
Schritt in den Kurs. Halblanger Zügel, das Pferd sollte sehen und würde
wissen um was es geht.
Genau so war es. Wir galoppierten los und
Karlchen schnurrte unbeeindruckt unter mir daher. Den ersten Sprung hatt
ich gedanklich noch mit einem kleinen Fragezeichen versehen: Springt er?
Springt er nicht?
Er sprang und weiter
gings - mit dem grössten Selbstverständnis und Rhythmus! Ich hatte
richtig Spass an der Sache und lobte und klopfte mein Karlchen
zwischendurch ganz verzückt. Der galoppierte freundlich weiter und
sprang und sprang … Und den letzten Sprung hatte ich beim Abgehen doch
tatsächlich übersehen, der stand uns dann im allerletzten Augenblick
noch passend im Weg - 8,0!
2 Zehntel Abzug gab es für Millionärsbögen - damit konnte ich
gut leben, das Galoppieren hatte so viel Spass gemacht ... Ich war
ganz und gar beseelt und bannig stolz auf mein braves Pferd!
25.6.2023
Am nächsten
Sonntag gab es dann keinen Grund mehr, nicht auch nach Milte zu fahren.
Sogar ein Turnierjacket hatte ich inzwischen notgedrungen eingekauft!
Ich konnte ja nicht weiterhin die Sonne herausfordern und auf
Marscherleichterung hoffen …
Meinem Minimalprinzip
hinsichtlich stressiger Turniervorbereitung blieb ich allerdings treu.
Ordentlich einpflechten muss sein, Turnierputz und Saubermachen hält
sich jedoch in überschaubaren Grenzen. Dank Leinöl strahlt Karlchen
ohnehin in blinkendem Fellchen, für alles andere reicht ein klammer
Schwamm.
Lederpflege,
das hatte ich aus meiner Buschreiterei mit Shannon gelernt, ist erst
nach dem Turnier nötig.
Und dann meist reichlich davon …
So kam ich tatsächlich guter Dinge mit meinem
gesattelten Karlchen in Milte an. Gesattelt deshalb, weil ich dann
ausser der Trense auch wirklich nichts mehr vergessen kann.
Abgesehen vom letzten Sprung natürlich …
Etwas verblüfft
war ich, als ich sah, dass die Springen auf einem Rasenplatz
stattfanden. Es musste wirklich schon lange her sein, seit ich das
letzte Mal hier gewesen war. Aber der Boden war ideal und die Sonne
meinte es wieder gut. So gut, dass erneut Marscherleichterung gewährt
wurde. Kurz überlegte ich, ob ich das neue Jacket nicht einfach wieder
umtauschen sollte? Zwei Turniere reichten doch völlig? Dann beschloss
ich, so lange weiter zu reiten, bis ich es wirklich einmal nutzen
musste.
Schräge Gedanken, die mir da durch den Kopf schossen.
Ganz offensichtlich war ich noch längst nicht wirklich wieder in der
Turnierreiterei angekommen …
Immerhin, die Routine hatte mich
wieder. Karlchen abladen und in Ruhe fertig machen, jeder Handgriff
sass. Entspannt ausgiebiger Schrittspaziergang unter den schattigen
Bäumen, lediglich auf dem Abreiteplatz beschränkte ich unsere
Vorbereitung auf das Nötigste. Waren es in Sprakel noch zwei Sprünge,
reichte uns in Milte genau einer. Je weniger Sprünge, desto geringer die
Wahrscheinlichkeit, dass kurz vor dem Start noch was schief geht. Auch
das hatte ich mit Shannon seinerzeit gelernt. Nerven schonen!
Dazu gehört dann wieder am langen Zügel entspannt in den Parcours
einzureiten, das Pferd soll sehen und wahrnehmen, was nun kommt. Das hat
bei Shannon und Silas immer funktioniert, und Karlchen weiss es
offensichtlich auch zu schätzen.
Freundlich die Richter grüssen,
angaloppieren und in einem
pferdegerecht weiten Weg auf den ersten Sprung zu. Ab jetzt hatte
Karlchen zu übernehmen, und das tat er auch. Zuverlässig! Ich bemühte
mich um einen guten Sitz und vorausschauende Wege auf den nächsten
Sprung, um es dem Pferd so einfach wie möglich zu machen. Und ich hatte
tatsächlich wieder Spass an der Sache! Karlchen gab den schwarzen
Palomino und meine Konzentration auf ordentliches Reiten reichte
tatsächlich bis zum letzten Sprung!
Es folgte ein sehr
schmeichelhafter Richterkommentar -Balsam für meine Seele- , begleitet
von einer weiteren "8" und ich war wieder einmal ganz und gar beseelt!
Was für ein braves Pferd!
Das Tüpfelchen auf dem "I" steuerte
einmal mehr Tina Löfken bei, die gänzlich unerwartet meinen Ritt gefilmt
hatte und mich mit ihrer What'sApp überraschte. Es war in der Tat eine
Bilderbuchrunde und ich konnte mich gar nicht an dem kleinen Filmchen
sattsehen!
Es gab allerdings noch weitere Bilderbuchritte, so
dass wir am Ende in den grünen Schleifenrängen auf Platz sechs landeten.
Egal. Ich konnte mich auch an einer grünen Schleife so richtig freuen!
Es folgte das zweite Springen im Anschluss und ich war mir meiner
Sache sicher: Das können wir! Aber wie das so ist, wenn man sich seiner
Sache zu sicher ist: Hochmut kommt immer vor dem Fall.
Doch
Karlchen riss es wieder raus. Alle Distanzen, die ich diesmal
vermeterte, verwandelte das brave Pferd unter höchstem Körpereinsatz
noch in fehlerfreie Sprünge. So sorgte er zwar für eine weitere
Nullrunde, stilistisch kamen wir diesmal aber nicht über eine "7"
hinaus. Ich fuhr dennoch
höchstvergnügt mit meinem Karlchen nach Hause und freute mich über
unsere inzwischen dritte
gemeinsame "8" und zwei weitere Nullfehlerrunden.
.…und im
Hinterkopf tönte leise die garstige kleine Stimme: "Siehste! Geht auch
ohne viel Putzen und Saubermachen …!"
1.7.2023
Am
Wochenende drauf machte ich unser gemeinsames Turniertriple voll: ein
weiteres Mini-Stilspringen in Senden und diesmal kam sogar das neue
Jacket zum Einsatz! Ein Umtausch kam nun nicht mehr in Frage.
Konzentriert ging ich den Parcours ab, ein weiteres Distanzdebakel wie
in Milte wollte ich mir nicht noch einmal erlauben. Ein einziger
Sprung auf dem Abreiteplatz, gelassen im Schritt in den Parcours
einreiten, freundlich grüssen, weiter, pferdegerechter Weg auf den
ersten Sprung, Karlchen übernahm. Bis hierher folgte alles ganz nach
Drehbuch und so hätte es eigentlich weiter gehen sollen. Wenn ich
unterwegs nicht vor Schönheit gestorben wäre ...
Der Kurs machte
eine weite 180° Wendung zum nächsten Sprung erforderlich, die hatte ich
auch vorausschauend so eingeplant. Dumm nur, wenn man dann auf einem
Pferd wie Karlchen sitzt, das sich auch vom dümmsten Reiter nicht am
springen hindern lässt. Auf halbem Weg durch die weite Wendung zog
Karlchen engagiert einen Oxer an, der in Blickrichtung lag. Von der
falschen Seite zwar, aber das störte ihn nicht, und der Sprung gehörte
auch gar nicht zu unserem Mini-Kurs.
Erst im letzten Moment
konnte ich meinen engagierten Karl wieder auf den rechten Weg bringen,
mein Eingreifen gestaltet sich allerdings etwas rustikal und wenig
stilgerecht. So sorgte Karlchen zwar wieder für eine Nullrunde, für die
gab es berechtigterweise aber nur noch eine 7,6. Für ein grünes
Schleifchen reichte es dennoch und das wurde auch ausgiebig zelebriert!
Imke war mit ihrem Giannie ebenso vor Ort, gemeinsam feierten wir
Schleifenspass im Nieselregen und waren bester Dinge.
Ja, man
kann sich auch über grüne Schleifen richtig freuen!
20.7.2023
Geländepferdeprüfung Trakehner Bundesturnier
Ausgeschrieben als A** Prüfung hatte ich
diese Prüfung klar unterschätzt. Möglicherweise stellt ein
Landeschampionat auch einen etwas anderen Anspruch, als eine normale
Geländepferdeprüfung. Immerhin ermittelten die Trakehner hier ihren
Geländepferdechampion.
Schon die Kombination aus zwei schmalen,
schräg hintereinander verstellten Elementen raufte mir die Haare. Sowas
hatte Karlchen noch nie gesprungen. Ob ich denn den Einsprung in die
Sunken Road gesehen hatte?, fragte Frank. Hatte ich nicht. Da stand
tatsächliche noch eine schmale, die Sicht vor dem Tiefsprung nehmende
hohe Hecke vor dem Einsprung. Auch sowas hatte Karlchen noch nie
gesprungen.
Frank jedoch war trotz allem guter Dinge und freute sich, mal wieder so
einen Geländekurs reiten zu können. Karlchen "fühlte sich gut an" und
ich überliess die beiden auf dem Abreiteplatz sich selbst. Es reichte,
wenn ich mich allein verrückt machte.
Als die beiden einritten hatte ich gut zehn
Ritte gesehen und war mit den Benotungen absolut d'accord.
Frank grüsste und galoppierte los, Karlchen
gab "Karlchen-sorglos" in bester Manier. Kein Zögern, kein zucken, er
nahm aufmerksam was da stand und gab sein Bestes. 7,6 lautete am Ende
die Wertnote inclusive eines absolut nachvollziehbaren Kommentars. Für
diesen Kurs hätte es ein wenig mehr Routine bedurft, keine Frage.
So war es die erste Geländepferdeprüfung
diesen Sommer, mit derer Bewertung ich wirklich einverstanden war. Und
mehr: das war
eine tolle Veranstaltung und es hatte richtig Spass gemacht, dabei
gewesen zu sein. Und natürlich war ich bannig stolz auf mein Pferdchen!
Frank ging es ebenso.
Er war begeistert von Karlchen, der sich trotz dieser Anforderungen
einfach durch nichts beeindrucken liess und überall hinzog, egal was da
kam. Selbst der tiefe überbaute Trakehner unter den schattigen Bäumen
(früher hätte man wohl von Pulvermanns Grab gesprochen?) schreckte ihn
nicht ab. O-Ton
Frank: "Da kam ich aus der Wendung rein und es wurde nicht nur schattig
duster, das geht ja dann auch bergab und dann ist da unten dieser hohe
überbaute Graben, da zog der so hin und tat dann einen Sprung, da dachte
ich nur 'oh, oooh! hier springen wir heute aber gerade ganz schön
hoch!'" Herrlich!
.
.
Das Tüpfelchen auf dem
"I" steuerte dann tagsdrauf Stefan Bischoff vom Züchterforum mit diesen
Fotos bei. Ich hatte ihn gebeten, doch einfach mal auf Karlchen
draufzuhalten, auch wenn es nicht für eine Platzierung reicht. Und
Stefan hat einfach alles gegeben und unter tausenden von Fotos auch noch
am selben Abend eine Sendung fertig gemacht - wow! Danke, Stefan, für
diesen seeligmachenden Freundschaftsdienst!
Anekdotisches
am Rande:
Am Wasseraussprung hat Karlchen das Kunststück fertig
gebracht, sich auf den Rücken zu äppeln. Auf den Rücken! Die Äpfelchen
lagen noch auf dem Weg zurück zum Hänger gut verteilt obendrauf ...
Tatsächlich zieren Spurenelemente dieser Ernte auch heute noch die
Schabracke - von unten und oben! Note to myself: Saubermachen und putzen
mag nicht zu den dringendsten Aufgaben meiner Turniervor- und
Nachbereitungen gehören, aber diese Schabracke muss nun wirklich in die
Wäsche ...
18.8.2023
Karlchen, vom schwarzen Palomino zum kleinen Moped!
Eine
turbulente Woche war das mit dem wahrhaft allerbesten Karlchen!
Mittwoch ging die Reise nachmittags nach Altenberge, erstmals stand ein
Clear Round Springen (95) auf dem Programm. Für die Routine sind diese
Prüfungen einfach ideal, und mit genau dieser Einstellung habe ich mich
mit Karlchen auf den Weg gemacht.
Frank
hatte seit drei Wochen nicht mehr auf dem Pferdchen gesessen und
tatsächlich war die Geländepferdeprüfung in Handorf anlässlich des
Trakehner Bundesturnieres vor vier Wochen (!) das letzte Mal, dass
Karlchen überhaupt einen Sprung gemacht hatte. Unsere gemeinsamen
Springstunden waren ferienbedingt ausgefallen, mein Fokus lag auf
Dressurtraining bei Tina, und dann war da ja auch noch Caro Lee und
unsere gemeinsamen Fortschritte unterm Sattel ... Genug zu tun also und
ein Fulltimejob dazu. Weshalb ich Karlchen am Mittwoch nach reichlich
frühzeitigem Home Office wie üblich aus der Wiese fischte ("fischen"
trifft es gut nach dem Regen ...), einigermassen sauber putzte (nicht,
dass hier zu viel Engagement zur Anwendung kam ...), nebenbei den Hänger
chasste, kurzfristig mit einem gliehenen Schmuckstück auf vier Rädern
ausgestattet wurde (danke, Ingrid!) und endlich heil in Altenberge
ankam.
Als Frank dann auf dem Pferd sass konnte ich endlich
abschalten und erstmal was essen ... 70 Starter in der Prüfung,
Karlchen war einer der letzten und rollte das Feld -im wahrsten Sinne
des Wortes- von hinten auf. Nach Sprung zwei, drei und vier rutschte mir
krachend das Herz in die Hose und ich wartete nur darauf, dass das Pferd
womöglich abgeläutet würde wegen Barrens ... Was haute der kleine Kerl
da bloss für Sprünge raus! "Vier Wochen keinen Sprung getan, und das ist
das Ergebnis!", schoss es mir durch den Kopf. Karlchen-Sorglos mit
reinster Freude und Übermut und ganz und gar verschwenderisch bei der
Sache - ich war hin und weg!
Null Fehler und die gelbe Schleife
bekam er gemeinsam mit zahlreichen anderen Nullfehler Paaren, letzteres
tat meiner Begeisterung keinen Abbruch. Mit dieser Runde wär er auch so
dicke unter den ersten Platzierten gewesen. Frank sah es ähnlich. Der
Bub war genau so begeistert wie ich: "Meine Güte, was haut der da bloss
für Sprünge aus!"
Die Ehrenpreise wurden während der
Sigerehrung per Los unter den zahlreichen Siegern verteilt.
Losglück? Frank sieht gleich Mal nach ...
Beseelt
strahlend fuhr ich mein braves Wunderpferdchen zurück nach Hause und
hatte die grösste Freude an der gelben Schleife auf dem Armaturenbrett.
Am nächsten Abend eine spontane WhatsApp von Frank: "Ich hätte da
noch einen Startplatz für Karlchen morgen in Schöppingen in der
Springpferde **A ... Wenn dir das reinpasst?" Morgen? Freitag?
Büro ... Immerhin: der Anhänger war inzwischen repariert, wenn ich
also um 5 Uhr aufstünde, könnte ich das Meiste bis 10 Uhr schaffen und
nachmittags nochmal ins Büro gehen ... So liefs dann auch Dank flexibler
Kollegen und ausgesprochen spontan machte ich mich heute mit
Karlchen-wieder-von-der-Wiese-gefischt auf den Weg nach
Schöppingen. Zopflos, und diesmal vermutlich wirklich nicht ganz sauber,
dafür war heute zwischen Büroarbeit vorher und nachher einfach keine
Zeit. Ich hatte statt dessen auf Regen gehofft, der die Pferde nach dem
ausgiebigen Weidetag zuvor gründlich sauber wäscht. Wenn man aber auf
ergiebigen Weide-Regen baut, kommt er garantiert nicht ... Statt dessen
gabs ein zwei-Tage-weideverdrecktes Karlchen, durch und durch zufrieden
mit sich und seiner Welt.
Frank nahms mit Humor. Kaum sass er im
Sattel, konnte ich abschalten und erstmal was essen ...Täglich grüsst
das Murmeltier. Und dann legten die beiden wieder eine
Bilderbuchrunde hin, die einfach nur Spass machte zuzusehen. 8,0 war den
Richtern die Runde wert und ich nahm die 8 mit grosser Genugtuung. Das
war einfach wieder grosszügig, lässig und Karlchen-Sorglos zum Zweiten
in dieser Woche. Nicht ganz die Riesensätze vom Mittwoch, aber noch
immer genügend verschwenderisch, dass der ein oder andere Profi sich zu
der unterschwellig angelegten Bemerkung hinreissen liess, ".. der kommt
aber Mal so richtig vom Boden ab ...!"
Merke: Wenn Profis, die
mit Handeln ihr Geld verdienen, dein Pferd als ".. der kommt aber Mal so
richtig vom Boden ab ...!" titulieren, dann weisst du, dass du alles
richtig gemacht hast ... "Ich wusste ja gar nicht, dass du auch
Springpferde kannst...?" Genugtuung, die Zweite.
Das Schönste war
aber die Begeisterung von Frank nach dem Ritt: "Meine Güte! Der ist ja
wie ein kleines Moped!" 'Kleines Moped' war neu, das hatte ich so
noch nie gehört und musste laut Lachen. Ich konnte ihn so gut verstehen!
"Reiten - passt! Reiten - passt! Reiten - und passt schon wieder!
Einfach nur da durchreiten und der springt und springt und es passt
immer und lässig Luft dazu!"
Frank konnte sich gar nicht
beruhigen (die helle Freude!): "Und immer seinen Rhythmus dabei, immer
den gleichen Zug zum Sprung - wenn das ein Stilspringen gewesen wäre,
das wäre 'ne "9" gewesen!", freute der Bub sich so richtig
überschwänglich. Ich musste an den schwarzen Palomino denken. "Genau!",
sagte Frank. "Der schwarze Palomino vorm C&A! Groschen einwerfen und der
springt und springt und springt!"
Herrlich!
Mit 8,0 waren
die beiden am Ende genau einen raus aus der Platzierung, das tat nicht
weh. Wichtig waren die angemessene Anerkennung und die "8" für ein
Pferd, das einfach alles richtig macht und ganz offensichtlich selbst
die grösste Freude an seinem Job an den Sprüngen hat ... Weshalb ich
mich erneut beseelt mit meinem fabelhaften Pferdchen zurück auf den
Heimweg machte und gedanklich die gelbe Schleife vom Mittwoch, die noch
immer auf dem Amarturenbrett blinkte, einfach umwidmete von "Clear Round
mit 15 anderen geteilt" auf "die hat das kleine Moped sich spätestens
heute mit seiner 8 redlichst verdient!".
26.8.2023Ludger Beerbaum und
der Barhuf in Ostbevern Durchaus für Furore sorgte Thomas
Hartwig dieser Tage mit seinem Facebook Kommentar über Ludger
Beerbaum in Ostbevern. Wenn der erfolgreichste Springreiter der Welt
ganz persönlichen Einblick gibt zu lokalen Bodenverhältnissen und
Hufkultur von Sportpferden, dann geht das eben weit über
Lokalkolorit hinaus. Seit mehr als zwei Jahren ist
Karlchen nun "Reitpferd" und läuf noch immer ohne Eisen. Tatsächlich
hat er seither auch noch nie einen Hufschmied gesehen, weil die Hufe
sich durch die unterschiedlichen Böden, auf denen wir unterwegs
sind, stets gleichmässig ablaufen. Gibt es tatsächlich mal Kanten,
raspel ich die selber ab. Das gleiche trifft zu auf Caro Lee, die
ebenso noch keinen Schmied gesehen hat seit sie in Münster steht.
Der Grund, weshalb meine Pferde auch keine Gamaschen tragen: ohne
Eisen geht das Risiko des Vertritts gegen Null. Eine echte Wohltat,
wenn man zuvor ein Reitpferd hatte, das ohne aufwändigen und
mittlerweile ausgesprochen teuren Beschlag nicht auskam. Die
physiologischen Vorteile eines gesunden Barhufs liegen auf der Hand:
Natürliche Hornabnutzung. Volle Funktionsfähigkeit des
Hufmechanismus und Tastsinns. Bessere Durchblutung des Hufes.
Bessere Stoßdämpfung der Gelenke und Organe. Kein zusätzliches
Gewicht, das auch die Fliehkraft erhöht. Keine übermäßige
Beanspruchung der Gelenke durch den schweren Beschlag / Fliehkraft.
Gleichmässige Lastenverteilung auf Tragerand, Sohle und Strahl statt
nur auf dem Tragerand. Gleichmässige Thermoregulation (besonders
in der kalten Jahreszeit). Keinerlei potentielle Beschädigung der
Hornkapsel. Keine Frage, "Barhuf" liegt im Trend,
mittlerweile auch bei Sportreitern. Prominentestes Beipsiel ist King
Edward, der bei seinem WM-Sieg in Herning ohne Hufeisen unterwegs
war. Seither macht das Beispiel unter Spitzensportlern durchaus
Schule:
Borgmann's BlogEnde August stand dann das Turnier in
Ostbevern auf dem Programm. In der Woche hatte es viel geregnet und
ich hatte gar nicht darüber nachgedacht, dass der Springplatz dort
ein Rasenplatz ist. Die Ausrede, wegen des vermutlich rutschigen
Bodens gar nicht erst anzutreten, kam mir durchaus gelegen ....
Als ich dann aber diesen Beitrag von Thomas Hartwig las, nagte
tatsächlich doch der Ehrgeiz an mir:
Ich machte machte mich also spontan auf den Weg nach
Ostbevern, um mir selbst ein Bild von dem Boden zu
machen und das sprichwörtliche Schicksal tat das
Seine dazu. Wem lief ich am Abreiteplatz über den
Weg ? Ludger Beerbaum ... Er grüßte freundlich,
weshalb ich ihn auch direkt angesprochen und ihm
sehr für seinen konstruktiven Kommentar zum Thema
Barhuf und Rasenplatz gedankt habe. Nicht ohne dabei
zu erwähnen, dass ich nun extra seines Kommentares
wegen angereist sei, um mir selbst ein Bild vom
Boden zu machen (weil ich natürlich schon wieder
nach Gründen gesucht habe nicht zu reiten...) Darauf
er: "Auf jeden Fall reiten! Der Boden ist spitze,
auch hier auf dem Abreiteplatz!" ...
27.8.2023Ich hab's
mir also zu Herzen genommen und bin am nächsten
Morgen mit Karlchen angereist - wenn Herr Beerbaum
das schon so sagt! Und natürlich "lieferte"
das Karlchen wieder einmal und legte eine feine
Nullrunde hin! Nur der Jockey hat gepennt. Mit
zweimaligem Aussengalopp war die Runde
verständlicherweise nur noch eine 7,5 wert. Ein
Schleifchen gab's trotzdem noch und ich habe mich
einmal mehr über dieses unkomplizierte grossartige
Pferd gefreut. Wenn Herr Beerbaum Recht hat, hat
er einfach Recht ... Den gesamten Heimweg grinste
ich nur so dahin.
9.9.2023"Ich
hätte da noch einen Startplatz für Karlchen in der
Eignung in Appelhülsen...", sprach Frank.
Während also der Rest der Welt im nahen
Riesenbeck den Europameisterschaften der
Dressurreiter frönte, reisten Karlchen und ich an
diesem Samstag spontan nach Appelhülsen. Unter
heisser Septembersonne gab ich gern den TT für
Frank, der zwei Eissen in dieser Prüfung im Feuer
hatte und seine wie immer professionelle
Gelassenheit wohltuend auch auf mich übertrug.
Der Dressurteil im Springsattel gehört nicht
notwendigerweise zu Karlchens Paradedisziplinen,
ebensowenig gereicht ein auf 40 Meter abgestecktes
Viereck für die -wenn auch kleinen Sprünge- nicht
unbedingt dazu, Karlchen's Springvermögen in allen
überschäumenden Dimensionen zu gerecht zu werden. Da wird die Hinterhand
dann schonmal Opfer eines notgedrungen vorzeitig
abgebrochenen Sprunges, um noch rechtzeitig die
dichte Wendung zu bekommen. Es spricht daher für Karlchen, dass er am Ende dennoch mit einer
weissen Schleife auf Platz drei in dieser Eignung
ausgezeichnet wurde. Da hatte ich das brave Pferd
aber schon gut versorgt, getränkt und abgeschwammt
auf den Hänger verbracht und war ganz und gar aus
dem Häusschen ob des schönen Erfolges!
20.10.2023
Geschwisterliebe Wenn die kleine Schwester
nervt und Karlchen die Welt nicht mehr versteht ....
Immer wieder das schönste Schauspiel zu Beginn
des täglichen Weidegangs, wenn Caro Lee den grossen
Bruder angeht. Meist stehen die beiden zu Beginn
dann auf zwei Beinen voreinander. So schnell habe
ich die Kamera allerdings nie zur Hand. Heute morgen
war es dann immmerhin noch das kultivierte
Nachspiel, das ich spontan mit dem Handy einfangen
konnte ...
4.11.2023
Unverhofft
kommt oft - 8,2 und noch eine gelbe Schleife für
Karlchen! An der Westfälischen Reit- und
Fahrschule fand an diesem Wochenende ein Turnier zur
Richterschulung statt. Und natürlich hatte Frank
noch einen Startplatz für Karlchen zur Verfügung ...
Die Idee, Karlchen einem Gremium angehender Richter
in einer wertnotenrelevanten Prüfung vorzustellen,
gefiel mir ausserordentlich gut! Der Aufwand
hielt sich darüberhinaus in sehr überschaubaren
Grenzen, und so übergab ich Frank ein sehr
entspanntes Karlchen zum gemeinsamen Stilspringen.
Die Startzeiten zogen sich nach einzelnen Ritten aufgrund der
Gremiumsschulung, Karlchen und Frank nutzten die
Zeit zu einem sonnigen kleinen Ausritt durch die
Felder bis zur Werse. Ich hatte mein Vergnügen
daran. So muss "Turnierstress"! Beinahe zu
entspannt gab Karlchen sich dann auf dem
Abreiteplatz bei den Probesprüngen, das änderte sich
jedoch als die beiden in die grosse Halle in den
Parcours einritten. Entspannt zwar, aber angemessen
"an"! Oder, um es in Franks Worten zu sagen: "Wie
ein kleines Moped!" Und er strahlte!
Eine harmonische Bilderbuchrunde lieferten die
beiden ab, das Zuschauen machte wahrlich Freude! Das
muss der verdiente Sieg sein, da waren wir uns beim
Zusehen sicher. So sah
es dann auch das umfangreiche Richtergremium und
bescherte den beiden eine satte 8,2 und den
überlegenen Sieg in dieser Prüfung. Die Chefrichterin
sprach Frank im nachhinein auf die schöne, souveräne
Vorstellung und das Pferd mit dieser
Super-Einstellung an (sinngemäss: "der hat
dich bei 4 aber wirklich gerettet!", "Ja, da habe
ich kurz geschlafen..."), und natürlich klangen mir
nur so die Ohren! Als Ehrenpreis gab es eine
wirklich gediegen schöne Schabracke dazu, die Frank
mir mit den Worten "Danke für dein kleines Moped!"
in die Hand drückte, und da
war ich dann auch noch gerührt dazu ..
18.11.2023Auf
dem traditionellen Winterturnier in Münster Handorf
stand heute für Karlchen die erste Springpferde L
auf dem Programm. Um es vorweg zu nehmen: Das
Highlight des Tages war der kleine See neben dem
Anhänger, der sich nach dem nachhaltigen Regen der
letzten Tage auf dem sandigen Parkplatz des
Pferdezentrums gebildet hatte. Karlchen war entzückt
und plantschte -kaum vom Hänger runter- begeistert
durch das klare Wasser, die finale Länge des langen
Führstricks stets auf's äusserste ausnutzend. Ich
hatte Mühe, auf dem Trockenen zu bleiben und nicht
selber der Länge nach hinter ihm ins Wasser zu
fallen. Die Sonne schien
ihm auf den roten Pelz und es war eine echte Freude,
dem entspannten Pferd bei seinen
engagierten Wasserspielen zuzusehen ... Das entschädigte
durchaus für eine erneut magere 7 in der
Springpferde A, die Karlchen souverän in seiner
spielerischen Sorglos-Manier fehlerlos absolvierte,
Öhrchen vor und grosse Sätze. Eine Runde,
bei der auch das Zusehen Spass machte. Vielleicht auch gerade wegen des
unkonventionellen Springstiles mit weit
vorgreifendem Bein ... Ich trug die magere
Benotung mit Fassung und war gespannt auf die L.
Nicht, dass ich an höhere Bewertung auf höherem
Niveau unter ausschliesslich Profis glaubte, aber
ich wollte sehen, wie Karlchen mit seinem ersten
anspruchsvollen Parcours zurechtkam. Es fing auch
gut an, Höhe und Abfolge bereiteten Karlchen kein
Problem. Auf dem Weg in die Zweifache jedoch riss
plötzlich der Faden, das Pferd zog nicht und
blockierte schliesslich ganz. Ein Verhalten, das
Frank und ich später rauf und runter analysierten
und uns dennoch nicht erklären konnten. Zwar
gelang es Frank, Karlchen noch über ein paar Sprünge
zu drücken (mit hohen Sätzen und ganz ohne Gerte -
selbst Frank reitet Karlchen gänzlich
"unprofessionell" meist "ohne alles" ….), dann gab
er auf. Sinnlos überspringen soll das Pferd sich
nicht. Was immer es also gewesen sein mag,
das Karlchen auf dem
Weg in die Kombination so verschreckt hatte, es kam
mir sehr gelegen, dass eine Woche später der
herbstliche Springlehrgang
bei Philipp Hartmann in der selben Halle auf
dem Programm stand. Und hier gab es reichlich mehr zu
gucken, als zuvor auf dem Turnier. Der Verein hatte neue
Sprünge gekauft und sich dabei als äusserst kreativ
erwiesen. Der Kurs leuchtete in den buntesten
Farben und Gestaltungen und manch ein Ross warf
nachhaltig den Anker. Ausser Karlchen. Der war in
der grossen Halle wieder ganz in seinem Element,
bummelte entspannt im Schritt daher und flog nur so
mit mir über die Sprünge. Ich war erleichtert. Das machte richtig Spass
und genau so kannte ich mein
Karlchen!
Dieser Springlehrgang bei Philip war -wie schon
im letzten Jahr- eine echtes Highlight zum
Saisonabschluss. Obwohl, oder vielleicht auch gerade
weil Philipp das Pferd inzwischen von diversen
Turnieren gut kannte und genau wusste, dass das
Problem sich im Zweifel im und nicht unterm Sattel
befindet - und da muss ich schon wieder lachen ...
17.3.2024
Springlehrgang
bei Niklas Engemann
Erneut hatte der RV Handorf Sudmühle einen
Springlehrgang im Pferdezentrum angeboten und Claudia hatte die gute
Idee, das könne ich doch dann gleich als Transport- und Verladeübung für
Ladybird nutzen? Sie sei schliesslich auch vor Ort und würde
selbstverständlich mit Rat und Tat zur Seite stehen ... wohl dem, der
solche Freunde hat! Mit Claudi an meiner Seite hatte ich keinen Zweifel,
dass das Unternehmen "erstmals mit zwei Pferden gemeinsam unterwegs"
auch gelingen würde!
So kam es also, dass ich an dem Wochenende
zwar mit klopfendem Herzen aber ausgesprochen zuversichtlich erstmals
mit beiden Rössern nach Handorf fuhr. ... und nicht schlecht staunte,
als es am Ende Karlchen war, der sich deutlich mehr darüber aufregte,
als Ladybird vom Hänger stieg, als zuvor Ladybird, die es recht gelassen
nahm, allein auf dem Hänger zu bleiben. Die Stute hatte ihre Prioritäten
klar geregelt:
Solange es vorn Futter im Trog gab (und ich hatte
reichlich davon ausgeteilt...), war ihre Welt in Ordnung.
Springen bei Niklas war eine durchaus neue Erfahrung. Der Grund, weshalb
ich es zu schätzen weiss, immer mal wieder die Möglichkeit zu haben, bei
einem anderen Profi zu reiten. Alle wollen das selbe, aber jeder setzt
die Schwerpunkte etwas anders. Niklas stellte Karlchen und mich vorab in
der Dressurarbeit durchaus auf den Kopf:
Hin- und hergerissen
zwischen Sauerstoffzelt und spürbar Reaktion meines Pferdchens ging es
dann an die Sprünge. Und siehe da: das waren auch richtige Sprünge, die
der brave Karl da rausliess!!! Nur fliegen war schöner! Danke, Niklas!
Mein grosser Dank gilt Thomas Schlüter für die brillianten Fotos
von Tag eins! Was für eine Freude!
Noch grösser war meine Freude,
als ich auf den Fotos erkannte, dass man doch auch im Alter noch dazu
lernen kann: Landung im Sattel und nicht mehr auf dem Hals.
Mittelpositur über'm Sprung beherrschen und mit, statt vor dem Pferd
übers Hinderns zu fliegen .... Man staunt was selbst Ü50 noch alles
geht, wenn man nur hartnäckig genug übt!
Und Niklas kann auch ausserordentlich "prakmatisch". Meine Frage
nach dem Zügelmass von den fotografischen Eindrücken am ersten Tag, ob
ich da nicht mehr mit der Hand vorgeben müsse, quittiert er verschmitzt
mit der Gegenfrage: "Wie fühlt es sich denn von oben an?" "Gut!"
Weises Nicken. "Eben. Lass dich nicht von Momentaufnahmen irre machen.
Wenn es sich gut anfühlt, ist es auch passig." So einfach kann die Welt
sein!
'
24.4.2024
Knapp ein Jahr ist es her, seit Karlchen uns bei unserem ersten
Turnierstart in Sprakel zum Sieg im Stilspringen trug. Der Ehrenpreis
damals war ein Fotogutschein und das fand ich richtig gut! So gut, dass
ich den Gutschein auf eine komplette Foto Session erweiterte ... Das hat
nun eine Weile gedauert und es war ganz und gar nicht abzusehen, dass
dies auch unsere letzten gemeinsamen Fotos werden sollten. Tags zuvor
waren wir in Telgte zu einer überaus umfangreichen Ankaufsuntersuchung
ohne Befunde (!) und in der nächsten Woche würde ich Karlchen in seine
neue Heimat fahren.
Gemischte Gefühle durch und durch und eine
halbe Träne im Auge. Spontan entschloss ich mich daher dazu, die
Fotosession um noch eine weitere Komponente zu erweitern: Ladybird
musste unbedingt mit dabei sein! Die innige Beziehung dieser beiden
sollte auch noch ein letztes Mal ihre Verewigung finden. Und während ich
das schreibe fliessen mir schon wieder die Tränen übers Gesicht ...
Karlchen und Ladybird sind unzertrennlich. Immer wieder
erinnern die beiden mich an meine Zeit mit Shannon und Fabrice. Das
grosse Selbstverständnis, mit zwei Pferden gemeinsam umzugehen in dem
sicheren Wissen, beide gehen gemeinsam durch dick und dünn und man muss
eigentlich nur einen am Strick haben - der andere kommt ganz von allein
mit. Damals war das Fabrice, die Shannon überall hin folgte, heute ist
es ihre Enkelin Ladybird, die Karlchen nicht von der Seite weicht.
Unvergessen die Szene kürzlich, als Claudi mit Karlchen schon
auf dem Putzplatz angekommen war. Ich stand mit Ladybird noch in der
Boxentür und kratzte ihr die Hufe aus. Brav stand sie in der Tür und
wartete bis ich fertig war, nur das Köpfchen ragte schon zur Tür hinaus,
die Augen die Stallgasse runter fest auf Karlchen gerichtet. Ich kam aus
der Box, da ging ein Ruck durchs Pferd und sie trabte aus der Box die
Stallgasse entlang, trab, trab, trab und kam mit einem weiteren Ruck
direkt neben Karlchen zu stehen. Kopf an seine Flanke. Stand. Und
bewegte sich nicht mehr.
Claudi und ich sahen uns fassungslos an
und mussten laut lachen. Was war d a s denn für eine Demonstration???
Schöner kann ein Pferd nicht zeigen, wie sehr es mit sich und seiner
heilen Welt zufrieden ist. Heile Welt. Und wieder sitze ich hier
in Tränen.
1.5.2024Karlchen
ist verkauft Heute habe ich Karlchen in seine neue Heimat
gefahren. Es war mir ein Anliegen, ihn selber zu fahren und zu sehen,
wie er ankommt und sich einfindet. Wir wurden auf's herzlichste
begrüsst und Karlchen bezog seine helle neue Box auf der lichten Tenne
an Seite seines neuen Kumpels, dem Schimmelpony. Begeistert stellte
ich fest, dass die Boxen zu allen Seiten offen waren und die Pferde sich
über die Trennwand beknabbeln können. Was Karlchen auch sofort tat. Der
kleine Schimmel sollte seine neuer grosser Freund werden! Die
Entscheidung, mich von Karlchen zu trennen, habe ich mir nicht leicht
gemacht. Tatsächlich hatte ich noch im Herbst eine konkrete Anfrage
lachend abgewiesen. Damals war nicht abzusehen, dass ich mich auf
Ladybird derart wohlfühlen und gar Ambitionen hegen würde, nocheinmal in
den Dressursport einzusteigen.
Doch zwei Reitpferde nach Feierabend sind bereits eines zuviel.
Der Grund, weshalb ich schon im Winter Claudi gefragt hatte, ob
sie Karlchen nicht ein paar Mal die Woche mitreiten wollte. Zu
meiner grössten Freude wollte sie -und gern so!- und wir
hatten in den letzten Wochen und Monaten eine Menge Spass
miteinander.
Sollten meine dressursportlichen Ambitionen
mit Ladybird sich dann einmal erledigen, geht die Stute zurück
in die Zucht. Eine Option, die für Karlchen nunmal nicht
besteht. Meine ganz persönlichen Ambitionen in Busch und
Parcours werden über "E" jedoch nicht mehr hinausgehen. Ich habe
es versucht und muss einfach ehrlich zu mir selber sein. Die
Zeiten von Vielseitigkeiten und L Springen wie einst mit Shannon
sind vorbei. Perlen vor die Säue für ein Pferd von der Qualität
wie Karlchen.
Und dann ist da noch der Nachwuchs ... Bereits in diesem Jahr
steht Karlchens 3-jährige Halbschwester Diva in den Startlöchern
zum anreiten. Im Herbst soll Karlchens 4-jährige Vollschwester
Caro Lee nach dem Absetzen des Fohlens wieder zurück unter den
Sattel. Und im nächsten Frühjahr steht die dann 3-jährige
Lillith in den Startlöchern zum anreiten. Die Kapazitäten sind
einfach nicht gegeben. Wenn ich meine jungen Pferde aber auch
künftig noch selber anreiten und auf den Weg bringen will, dann
musste ich eine Entscheidung treffen. Jetzt. Es hatte keinen
Sinn, die Entscheidung bis nach der Turniersaison aufzuschieben.
... und so habe ich Karlchen heute in seine neue Heimat
gefahren. Als ich mich später auf den Heimweg machte, würdigte
er mich schon keines Blickes mehr. Der neue Ponyfreund war
deutlich spannender als ich und Karlchen war rundum guter Dinge.
Das war der Einruck, den ich mit nach Hause genommen habe und
das war gut so.
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