warum Durantos?
Durantos von Durango VDL x Cantos x Placido
Vermögen kommt nie aus der Mode!
Das beschreibt den dreijährigen Prämienhengst der Westfälischen
Hauptkörung 2019 zutreffend. Als zweiter Reservesieger verliess Durantos
den Körplatz in Münster Handorf und tauchte kurz darauf als Pachthengst
im Landgestüt Warendorf auf. So weit, so gut.
Carly hat früh im Jahr gefohlt und mir mit ihrem
Stutfohlen Caro Lee von
Capistrano die gewünschte blutbetonte
Stammhalterin beschert. Ich konnte es also langsam angehen lassen in
diesem Jahr und kalkulierte in jeder Anpaarungsidee das Risiko mit ein,
dass Carly mit Fohlen bei Fuss womöglich gar nicht tragend werden würde.
Wodurch der Kreis in Frage kommender Hengste sich von selbst ganz
erheblich reduzierte, denn hohe Decktaxen ohne Splitting kamen nicht in
Frage.
Die Idee zu Durantos brachte der Aufzüchter ins Spiel, garniert mit dem
Hinweis auf einen guten Tüv und eigene stammesbezogene Referenzen zur
Mutter.
Grund genug, mir einmal meine eigenen Notizen zu dem Hengst anlässlich Vorauswahl
und Körung anzusehen, und die sprachen für sich:
leicht, sportlich, unreif, Vorderbein
springt auffällig, auffällig fluffy, hoch und weit, grenzenlos
Einige Wochen später zur Körung lasen meine Notizen sich ähnlich
euphorisch mit Betonung auf Vermögen und der noch sichtbaren Unreife des
jungen Hengstes.
Das allein war schon bemerkenswert, denn es gibt nur wenig Hengste, die
den selben überdurchschnittlichen Eindruck zur Vorauswahl und zur Körung
hinterlassen. Einfach deshalb, weil in dem Alter die Tagesform ganz
entscheidend ist und viele junge Hengste zur Körung bereits den
Höhepunkt ihrer intensiven Trainingsform überschritten haben oder, im
umgekehrten Fall, zur Vorauswahl noch gar nicht so weit waren.
Grund genug, die Springpferdespezialisten unter meinen Züchterfreunden
einmal zu bitten, ihre Kommentare zu dem Hengst anlässlich Vorauswahl
und Körung Kund zu tun und siehe da, ich stand nicht allein mit meiner
Meinung:
Von einem noblen Durango-Sohn war da die Rede, langbeiniger Hengst, über viel Boden stehend, Sportler vom Scheitel
bis zur Sohle, ganz viel Übersicht, ganz viel Abdruck, unbegrenztes
Vermögen, ...
Zeit, mich einmal etwas näher mit dem Hengst zu beschäftigen.
Ich
vereinbarte einen Besuch
im Stall, erhielt meine ganz persönliche Pflastermusterung und führte Gespräche mit dem
Ausbilder. Ich stand vor einem ausgeglichenen freundlichen Pferd mit reichlich Linien und Partien
im klaren Rechteck, genau das, was ich für Carly benötigte. Der noch
sichtbar im Wuchs stehende Hengst wird vermutlich ins 1,70er Endmass
wachsen, auch das ist wesentliche Voraussetzung für Carly. Ein korrektes
Fundament auf grossen, etwas flachen Hufen. Eine Menge Sympathie von
Seiten des Ausbilders zum Interieur und Arbeitseinstellung und ein paar
aussagekräftige Handyeindrücke dazu.
Es gab einfach nichts, das gegen den Hengst sprach, abgesehen von seiner
jugendlichen nicht-Bewährung. Die geplante Sportprüfung im April fiel
Corona zum Opfer, gleichzeitig ergab sich dadurch die
uneingeschränkte Deckerlaubnis für 2020. Darüberhinaus steht der Hengst
in einem Stall, von dessen Beritt die Warendorfer Springhengste in den
letzten Jahren ganz erheblich profitiert haben. Ein gutes Pferd allein
reicht nicht. Es muss auch sportlich entsprechend überzeugen. Durantos
dürfte diese Chance haben.
Durantos' Mutter Chanel mit ihrem Züchter
Züchterstolz in Handorf
Der schmale Mutterstamm des Hengstes gibt wenig her, das ist so. Ein
vierjähriger Vollbruder aus der selben Aufzucht wurde bereits in die Schweiz
verkauft.
Die Mutter des Durantos erkrankte kurz nach dessen Geburt schwer, konnte
aber gerettet werden. Weitere Fohlen hat es seither
nicht mehr gegeben. Ein dreijähriger Sohn von Cassiano x Sydney aus dem
nahen Stamm befindet sich dem Vernehmen nach bei Marcel de Boer, Stall
VDL. Wenn die Buschtrommeln zu diesem Pferd recht behalten, dürfte
dieser Hengst dem kleinen Stamm einmal Auftrieb verleihen.
Bleibt der Fokus auf die Genetik der Väter und Mutterväter und hier
liefern gerade die regelmässigen Besuche des Körplatzes Münster Handorf seit
vielen Jahren
nachhaltige Eindrücke. In den
letzten zehn bis zwanzig Jahren (seit Cornet Obolensky) hat Münster
Handorf sich als bedeutendster Springpferdekörplatz von großem Einfluss
holländischer und belgischer Genetik etabliert. Besonders die Vorauswahlen
mit ihren Lots von bis zu 400 Hengsten und gut einem Drittel
Springpferden bieten wertvolle Einsichten. Man entwickelt eine Affinität
zu dieser Genetik und erkennt individuelle Einflüsse, positiv wie
negativ. Mitunter bleiben selbst auf der Vorauswahl Hengste zurück, die
anderswo möglicherweise Prämienformat hätten. So geschehen u.a auf der
Vorauswahl 2018, als es zufällig einen Sohn des Durango VDL aus dem
Nachtrag traf (Mv Veron x Sydney), der mich zu der Bemerkung hinriss:
Es sagt viel über das Niveau in Handorf, dass sie so
einen nichteinmal mitgenommen haben. .... für
mich heute die beiden besten Springhengste und beide nicht weiter.
Anlässlich der Recherche zu diesem Feature wurde ich neugierig, was aus
diesem Hengst wohl geworden war. Google hilft.
Unter dem Namen Doctor Blue firmiert dieser Sohn des Durango heute als
Landbeschäler im Haupt- und Landgestüt Marbach und beeindruckte im letzten
Jahr beim 50-Tage-Test in Adelheidsdorf als bester Dreijähriger
mit 8,8 und durchweg guten bis sehr guten Noten in allen Teilbereichen,
insbesondere seine Rittigkeitswerte überzeugten Richter und Fremdreiter.
Keine schlechte Referenz!
Der Vater Durango VDL
Unter Züchterkollegen geniesst Durango allgemein hohe Wertschätzung. Bereits
2015 und 2016 hiess es:
Durango ist eine Klasse für sich. Der war mir bei den
VdL-Hengstschauen wiederholt sehr positiv aufgefallen, sowohl er selbst
als auch seine Fohlen. Sehr typvoller, edler, formschöner und
bewegungsstarker Springhengst in Komplettversion. Genau so muss Zirocco
Blue optimal angepaart werden! Alles sieht sehr gut und vielversprechend
aus. Aber er ist noch relativ jung und ob er leistungsmäßig mit seiner
Nachzucht ebenso überzeugen kann, muss noch abgewartet werden. Steht
aber in meiner Beobachtungsliste ganz weit vorne.
....
So blütig muss man Zirocco Blue anpaaren. Besonders gut
gefällt mir Lucky Boy xx in dem Pedigree,
einer der besten und interessantesten Vollblüter Europas und als solcher
eine Rarität!
...
Van de Lageweg hat in seiner Hengstkollektion Durango, 7-jährig v.
Zirocco Blue - Lux Z - Lucky Boy xx. Von dem war ich richtig begeistert:
nobel, großrahmig, langbeinig, elegant, rittig, tolle Bewegungen und
Springen wie der Vater.
Durango von Zirocco Blue-Lux-Lucky Boy xx sprang etwas gerade und ohne
Rücken, war dabei aber sehr reaktionsschnell und zeigte viel Vermögen.
Ein eher edles Blutpferd von der Mutterlinie geprägt. Beide gezeigten
Fohlen wussten sehr zu gefallen, modern, gute Bewegungen.
Durango VDL wurde 2008 geboren und ist ein Sohn des Zirocco Blue VDL
(Mr. Blue x Voltaire) gezogen aus einer Mutter von Lux Z
x Lucky Boy xx .
Der Hengst zeichnet sich aus durch einen
Vollblutanteil von 45 Prozent. Aktuell sind knapp 170 Nachkommen auf Horse
Telex registriert. Obwohl die FN noch keine deutschen, sondern nur
einige wenige KWPN-Nachkommen mit Sporterfolgen ausweist, verfügt
Durango VDL bereits über vier in Deutschland gekörte Söhne aus den
beiden Körjahrgängen 2018 und 2019. Neben dem bereits o.g .Doctor Blue
sind dies Dural (Mv Sydney), Durantos selbst und der ebenfalls im
Landgestüt Warendorf beheimatete Dutch Dynamic (Mv Matterhorn).
Unter Lennard de Boer war Durango bis 2017 international
in Drei-Sterne Springen bis 1,55 unterwegs, seither ist er in den USA
beheimatet und verzeichnet unter Shan Casady Erfolge in Drei-Sterne
Springen bis 1,50.
Grosse züchterische Bedeutung geniesst Durangos Mutter mit stattlichen 16 Nachkommen
auf Horse Telex, von denen allein aus den Jahrgängen 2005 und älter
bereits acht sportlich erfolgreich unterwegs sind, darunter drei in
Springen von 1,45 bis 1,60.
Grossvater Zirocco Blue VDL krönte seine sportliche Laufbahn mit den
olympischen Spielen in Rio de Janeiro 2016 und war sechs Jahre unter Jur
Vrieling international erfolgreich unterwegs. Auch
Zirocco Blue zeichnet sich aus durch einen hohen Vollblutanteil von über 44%. Der Hengst geht väterlich über Mr.Blue - Couperus - Naturel auf den
sehr geschätzten Vollblüter Lucky Boy xx in vierter Generation zurück.
Für seinen Sohn Durango ergibt sich hierdurch eine gefällige
Inzuchtkomponente auf die Gene des Lucky Boy xx. Möglicherweise erklärt
die Konsolidierung eben dieser Gene auch die häufig anzutreffende
veredelte Aufmachung der Nachkommen des Durango.
Genetisch verkörpert Zirocco Blue VDL ein europäisches "Who is who"
von exquisiter Güte:
:Mr. Blue,
Voltaire/ Furioso-Gotthard, Le tot de Semilly, Jalisco B, dazu
weiteres Edelblut über Inschallah.
Doch nicht nur alle männlichen Vertreter in den vorderen Generationen
seines Pedigrees, sondern ebenfalls Mutter, Großmutter und Urgroßmutter
haben Sporterfolge in S-Springen aufzuweisen.
Bessere Leistungsabsicherung geht
kaum, zumal auch noch die Eigenleistung hervorragend ist.
Trotzdem bin auch ich der Meinung, dass ihm keine zu schweren Stuten
zugeführt werden sollten. ... Für die entsprechenden Stuten gibt es derzeit in
Europa kaum etwas Besseres.
Unschwer zu erkennen:
mein sehr geschätzter Züchterfeund Rudof Druenert, den ich immer wieder
gern auf diesen Seiten zitiere, ist ein echter Fan!
Auch Durangos Muttervater Lux Z von Lord Calando x Ahorn Z x Caletto I
war seinerzeit international hocherfolgreich
unterwegs. Unter dem Sattel von Jerry Smith vertrat Lux Z Italien bei den Olympischen Spielen in
Sydney 2000 und den Weltreiterspielen in Jerez 2004. Die Siege in der
damals prestigeträchtigen Pulsar Crown Serie in Valkenswaard und Cannes
dürften das Gewinnsummenkonto des Hengstes erheblich bereichert haben.
Lux' Urgossmutter
Novella ist die Mutter des Stempelhengstes Landadel, ihre
Tochter Valetta VI brachte mit Cantus den legendären weissen Riesen
Calvaro, der unter Willi Melliger Geschichte schrieb.
Soviel zu der Abstammung des Durango VDL.
Meine ersten persönlichen Eindrücke zur Vererbung des Durango in
Deutschland stammen von
der Fohlenschau in Wettringen im Juni 2016.
Dort war der Hengst gleich mit drei Fohlen aus unterschiedlichster Anpaarung
vertreten und
alle drei fielen positiv auf, und das in den fast ausschliesslich dressurbetonten
Ringen. Die Fohlen waren z.t. schon aus dem Vorzeigealter raus und dennoch
allesamt ansehlich. Alle drei geschlossen und harmonisch mit ansprechender
Oberlinie, guter Halsung und Aufsatz und vor allem Hinterbein: traben mit
Abdruck und durch den Körper!
Ich hatte den Hengst vorher noch nicht bewusst wahrgenommen, aber wenn er
hier gleich mit drei von dreien auffiel, dann war das schone eine Hausnummer für einen
Springhengst in Hinblick auf Fohlenvererbung.
Ein Züchterfreund und Branchenprofi kommentierte meinen
damaligen Eindruck mit den Worten:
Steht der Durango bei Beckmann oder bei VDL? Wenn ein "Ausländer" auf
einer NRW-Fohlenschau so auffällt, das muss ja schon was Besonderes
sein.
Da hat er wohl recht.
Im Jahr darauf dominierte ein lockeres und linienbetontes Stutfohlen von
Durango den Springfohlenring in Wettringen. Ähnlich gezogen wie Durantos
war auch hier der Muttervater Cantos, danach ging es weiter mit Achill
Libero x Wolfgang. Zuchtleiter Wilken Treu betonte Körperharmonie, Typ
und Sportlichkeit und den kraftvollen Bewegungsablauf, der hier am
meisten imponierte.
2018 führte die selbe sportliche und trocken textierte Cantos-Stute dann
mit einem Fohlen von Cordynox den Ring an, zu dem ich mir "formschön" und
"geschmeidig" notiert hatte. Beides nicht notwendigerweise Attribute,
die man dem Vater Cordynox nachsagt. Möglicherweise hat hier Cantos
bereits das Seine dazugetan?
Der Muttervater Cantos - Top-10 der KWPN Spitzen-Springvererber
gemessen an Nachkommenerfolgen > 1,50
Muttervater des Durantos ist Cantos von Contender x Goodtimes, selbst
bis 1,60 international erfolgreich und neben seiner Eigenleistung auch vom KWPN mit allen Titeln (Keur
und Preferent) ausgezeichnet. Sein Vater, der Calypso-II-Sohn Contender,
gehörte zu den am meisten frequentierten Hengsten des Holsteiner
Verbandes. Das außergewöhnliche Vererbungspotenzial von Contender ist
zum einen dem besonderen Erbgut von Calypso II, zum anderen dem
speziellen Erbgut seiner Mutter Gofine zuzuschreiben. Diese Stute
lieferte in der Anpaarung mit verschiedenen Hengsten Spitzenpferde wie
Ulina, Largo, Frechdachs und Florenzia.
Auch Cantos verfügt über einen Blutanteil
von über 46 Prozent lt Horse Telex. Trotz des häufig sichtbar schweren und
gurtentiefen Erbes des Contenders hat Cantos sich durchaus durch blütige
Vererbung ausgezeichnet. Der hohe Blutanteil des Cantos in Verbindung
mit der ebenso hoch angelegten Konsolidierung der Vollblutgene des
Vaters Durango VDL nicht nur über Lucky Boy xx, dürfte von vorteilhafter
Wirkung für seinen Enkel Durantos selber sein und hoffentlich auch
dessen Vererbung entsprechend vorteilhaft beeinflussen. Ganz besonders
in bewusster Anpaarung an eine Halbblutstute, wie es mit Carly der Fall
ist.
Cantos verstarb im Alter von 15 Jahren an einer Leberschädigung, die
eingeleitete Operation überlebte er nicht mehr. Er erfreute sich neben seiner sportlichen Karriere auch
guter züchterischer Nutzung.
Unter den knapp 800 auf Horse Telex gelisteten Nachkommen finden sich
zahlreiche Erfolgspferde im Bereich von 1,40 bis 1,60. Tatsächlich
gehört Cantos zu den Top-10 der KWPN Spitzen-Springvererber gemessen an
Nachkommenerfolgen > 1,50!
Erfrischend informativ veröffentlichte das KWPN in diesem Winter hierzu
eine Statistik der erfolgreichsten KWPN Springhengste 2019 mit den
meisten Nachkommen > 1,50 gemessen an der Zahl ihrer Bedeckungen.
Die KWPN Hengste dieser Analyse sind bis zu 30 Jahre alt und wurden 1990
oder später geboren.
Dies betrifft 417 Hengste, von denen 194 mindestens einen Nachkommen
haben, der auf 1,50 m oder höher auftrat.
Eine
geradezu vorbildliche Analyse von Transparenz und Informationsgehalt,
von der deutsche Züchter nur träumen können. In Deutschland werden
Nachkommenzahlen bewusst vorenthalten, weshalb die deutsche Zucht von
Vieldeckern lebt und nicht ohne Grund seit vielen Jahren nachhaltig an
Boden gegenüber der internationalen Konkurrenz verliert.
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Springhengste 2019 mit den
meisten Nachkommen >1,50: |
... und in Relation zu den individuellen Bedeckungen: |
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Indoctro - 207 |
Hors La Loi II und Andiamo - 10,6% |
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Numero Uno - 117 |
Oklund - 7,1% |
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Andiamo - 65 |
Kenwood - 6,7% |
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Tangelo van de Zuuthoeve - 60 |
Berlin und Gran Corrado - 6,2 % |
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Indorado - 58 |
Padinus - 6,1% |
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Lupicor - 56 |
Cantos - 5,7% |
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Verdi und Oklund - 53 |
Manhattan - 5,6% |
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Berlin - 51 |
Untouchable - 5,5% |
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Cantos - 47 |
Kojak - 4,9% |
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Namelus R - 44 |
Indoctro, Larino und Lupicor - 4,8% |
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Wie wichtig die Betrachtung der Vererbung unter Berücksichtigung der
Anzahl der individuellen Bedeckungen eines Hengstes ist, schreibt das
KWPN selber in seiner Kommentierung dieser Statistik. Der
Spitzenvererber
Hors La Loi II
taucht in der einfachen Top-Ten Erfolgstatistik nämlich nicht
einmal auf. Umgekehrt tauchen so populäre Hengste wie Numero Uno,
Tangelo van de Zuuthoeve und Verdi nicht mehr in der um Bedeckungszahlen
relativierten Statistik auf, weil sie es offensichtlich nicht auf eine
4,8-Prozent Quote von Nachkommen > 1,50 bringen. Eine Menge Food for
Thought. Möglicherweise ein Anlass für Springpferdezüchter, den
Anpaarungstrend an allein populäre sporterfolgreiche Hengste einmal zu
hinterfragen.
KWPN:
Wenn wir die Anzahl der Nachkommen, die auf 1,50 m oder höher springen,
mit der Gesamtzahl der registrierten Nachkommen vergleichen, ergibt sich
eine völlig andere Top 5. Mit Blick auf die Hengste, die
mindestens zehn Nachkommen hervorgebracht haben, die 1,50 m oder höher
springen, ist Hors La Loi II führend. Er erzielt 41 Nachkommen auf 1,50
m und höher von 386 Nachkommen (10,6%).
Zu Cantos schreibt das KWPN weiter:
Cantos trägt 46,5% englisches Vollblut. Dazu trugen die Hengste Abgar
xx, Cottage Son xx, Ladykiller xx, Koridon xx, Millerole xx, Pericles
xx, Rantzau xx, Rittersporn xx und Waldenser xx bei. Cantos' Mutter
Gabanta und Großmutter Abanta sprangen beide auf höchstem
internationalen Niveau.
Während die ältesten Nachkommen des Cantos zahlenmässig
überdurchschnittlich im internationalen Sport angekommen sind, machen
inzwischen auch die Söhne von sich reden, allen voran in Westfalen, als
die Körung 2015 mich zu dem Kommentar hinriss:
Das war mit Abstand die beste Springpferdekollektion
überhaupt!
Inflationäre Körurteile bei den Dressurhengsten mögen inzwischen auf
jedem Körplatz (auch in Westfalen diese Woche) gang und gäbe sein, bei
den Springhengsten hätten es heute durchaus noch mehr sein dürfen.
Allein den letzten Ring hätte man komplett kören können, die beiden
nicht gekörten Los Angeles' waren auf hohem Niveau rausgefiltert und
hätten auf der letzten Hannoverschen Körung in Verden durchaus noch das
Zeug zur Prämie gehabt.
...
Bemerkenswert an diesem westfälischen Erfolg: es liegt nicht nur an
Cornet.
Der war mit seinen Söhnen noch immer überproportional spürbar, aber ein
wesentliches Drittel der Springkollektion kommt von Hengstaufzüchtern,
die im In- und Ausland Fohlen kaufen und offensichtlich dabei ein gutes
Auge und Gespür für Qualität haben.
..."
Anlässlich dieser Körung 2015 fiel der Cantos-Sohn Dantos HBC (Mv Numero Uno)
erstmals auf, als er den
viel beachteten Reservesieger stellte. Deep Impact (Mv Tangelo van de Zuuthoeve x
Achill Libero) wurde auf der Körung für
135.000 zunächst ins Haus Onischenko zugeschlagen und bezog 2016
seine Box als Pachthengst im Landgestüt Warendorf. Unter diversen
Reitern verbuchte der Hengst 4- und 5-jährig zahlreiche Siege und
Platzierungen im In- und Ausland und war 2018 erfolgreich auf der WM in
Lanaken unterwegs, wo er eine Prüfung auch gewann. Aktuell ist Deep Impact siebenjährig unter dem Sattel
von Patrick Stühlmeyer M-siegreich in Youngster-Springen.
Im Folgejahr 2016 glänzte Dantos in Westfalen erneut, diesmal mit dem späteren HLP Sieger und
Westfalenchampion Deville, ebenfalls im Landgestüt Warendorf beheimatet.
Über diesen Cantos-Enkel kommen wir dann zurück zu meiner bewussten
Wahrnehmung vom Einfluss niederländischer Springgenetik auf deutschen
Körplätzen.
Deville war einer dieser Springhengste, die den Körplatz Münster Handorf
nachhaltig als Spitzenspringpferdekörplatz auszeichnen. Es war das Jahr des
Siegerhengstes Karajan und das Züchterforum titelte zur NRW Körung 2016
seinerzeit wie folgt:
Westfalen-Körung:
So gut wie nie zuvor!
...
Qualität vor Brand
Schon 2015 begeisterten die westfälischen Springhengste, und geradezu
meisterhaft war auch 2016 die Darbietung der 23 Springaspiranten. Lob
für die Hengste, Aussteller und das Freispringteam gab es von allen
Seiten, und nach dem Motto „Qualität entscheidet“ zeigten die Westfalen
keinerlei Berührungsängste mit den fremden Brandzeichen
...
Aufgrund der hohen Qualität der Kollektion hatte sich die
Körkommission entschieden, drei gleichrangierte Reservesieger im
Springlager zu ernennen: Dies waren der rein niederländisch gezogene,
aber westfälisch gebrannte und mit etlichen Holsteiner Genen
ausstaffierte braune Deville (v. Dantos HBC-Veron-Wolfgang-Meridiaan-Le
Faquin xx), der ins Landgestüt Warendorf wechselt.
...
Und auch hier gilt, was ich eingangs bereits zu Durantos schrieb:
Ein gutes Pferd allein reicht nicht. Es muss auch sportlich
entsprechend überzeugen. Durantos dürfte diese Chance haben.
...
Deville dagegen war zum verpflichtenden Sporttest im Februar 2018
bereits "ausgefallen" und drohte damit seine Deckerlaubnis zu verlieren.
Im zweiten Anlauf unter Berittwechsel im April glänzte der Hengst
mit überragender Leistung und wurde Prüfungssieger und in Folge
Seriensieger in Springpferdeprüfungen und Westfalenchampion 2018. Aktuell hat er sechsjährig im März 2020 in
Greven, das letzte Turnier vor dem Corona-Shut Down, seine
erste Springpferde M gewonnen.
Neben Deep Impact, Durantos und Deville stand mit Dacantos von Dallas VDL x Cantos
ein weiterer vielversprechender Junghengst als Pachthengst in Warendorfer Diensten, in
dem sich die Genetik des Cantos als Muttervater wiederfindet. Anekdotisch hierzu der
Kommentar eines weiteren Züchterfreundes anlässlich der Körung des
Dacantos in Vechta 2015:
Dacantos hatte ich in Vechta auch die höchste Springnote vergeben
... war aber hinsichtlich Präparierens vorsichtig. Er hat m.E. alles
gehalten und ist und bleibt gut, wenn er auch in Vechta noch recht
schwer wirkte. Ich hatte 9,2 gegeben und "Turner" geschrieben, der schön
cool bleibt. Ist meist so bei Pferden, die viel Vermögen haben und
spielerisch mit den Klamotten umgehen. Ist halt viel neues Blut, von dem
man nicht viel weiß. Man müßte sich noch mehr erkundigen ...
Es macht mich noch heute schmunzeln, wenn ich das lese. Seither sind 5
Jahre vergangen und manch einer hat sich inzwischen "erkundigt".
Im darauffolgenden Januar 2016 beurteilte ich Dacantos dann in Handorf
selber als "harmonisches Rechteckpferd, sehr linienbetont,
geschlossen und rund am Sprung. Leichtfüssig, zieht hin und springt durch und vor allem auch zu
Ende und hinten auf. Da hatte auch ein Toni [Hassmann] feuchte Finger und echten
Respekt!"
Zwei Jahre später im Januar 2018 an selber Stelle schrieb ich:
"...
die etwas älteren jungen Hengste dagegen wirklich interessant
(und hier liegt Warendorf klar vor der Kollektion aus Celle!). ...
diesen Dacantos muss man sich ansehen. Was für ein bildschöner trockener
Sportler mit spitzen (ausld!) Papier! ... bleibt die Hoffnung, dass der
eines Tages in fördernden Beritt wechselt."
Offensichtlich hatte ich mich nicht verguckt, denn noch im selben Jahr
wurde meine Vorhersehung wahr. Für satte 900.000,-- Euro wechselte
Dacantos im November 2018 auf der Auktion von Holger Hetzel in den
internationalen Stall von Ben Maher. Inzwischen verzeichnete der Hengst
im letzten Jahr sechsjährig zahlreiche internationale Erfolge über 1,25
unter Guy Goosen/UK.
Das Landgestüt wäre saniert, könnte es das Potential seiner eigenen
Springhengste ebenso derart flächendeckend unters Volk bringen.
Möglicherweise lohnt es, heutzutage gerade die Pachthengste etwas
genauer zu beobachten.
Anlässlich der Körung 2019 stellte Dacantos
dann aus 61 westfälischen Bedeckungen in 2016 mit einem Sohn aus dem direkten
Mutterstamm des Arpeggio (Mv Balous Bellini x Power x Schöning) m.e.
eines der besten Pferde der Vorauswahl. "...
grosse Übersetzung, springt souverän vorn und hinten locker,
das erste wirklich natürliche Pferd am Sprung,
dazu mit Takt, Schritt wenig Raumgriff." Zur Körung hat dieser Hengst
dann viel verloren ggüb der Vorauswahl und möglicherweise bereits den
Höhepunkt des intensiven Trainings überschritten oder war schlicht
vermanagt.
Dennoch war Cantos im letzten Herbst in Handorf mit einem weiteren Enkel
überdurchschnittlich gut vertreten. Der Sohn des Arezzo VDL x Cantos x
Ahorn erntete in unserem Züchterkreis nur positive Kommentare:
ansprechend patent springt flüssig, ... den nötigen Abdruck und hinten auf
Herrlich beweglicher Flummi, einer der wenigen, der mit seinem Puckel
umgehen konnte und deutlich über den Rücken sprang. Vielleicht etwas
klein, aber die Proportionen stimmten.
Arezzo-Cantos-Ahorn: schön aufgesetzer sporlicher Hengst, abgedrehtes
Modell mit sehr guten Reflexen und Zug zum Sprung, ? am Vermögen,
huschte immer rüber
Arezzo VDL hatte mich sonst trotz erwiesener guter
Springvererbung stets abgestoßen wegen seiner altbackenen Optik. Dieser
aus M Cantos- Ahorn (Nimmerdor) war richtig modern, (wenn man von dem
reichlich flachen Widerrist absieht).
Unter dem Namen "All I Want" ist dieser Cantos-Enkel als Sportler und
Deckhengst auf der Station Ligges zu Hause, die ihm ebenso
grenzenloses Vermögen, souveräne Technik und viel Gummi
bescheinigt. Der jüngere Vollbruder zu diesem Hengst befindet sich
bereits in den Startlöchern für den kommenden Körjahrgang 2020.
Mit
Sicherheit werde ich künftig noch genauer hingucken, wenn in Handorf von
Cantos oder Durango zu lesen ist! Die Genetik des Durantos mag in
Deutschland tatsächlich noch wenig geläufig sein, unerkannt geblieben
ist sie nicht.
30.9.2020
Wer junge Hengste nutzt, und ganz besonders junge Springhengste,
benötigt einen langen Atem für die ersten Hinweise sportlicher Aussagen
unter dem Sattel.
In der letzten Woche absolvierte Durantos seinen 14-Tage Test in
Neustadt Dosse, der neben dem Freispringen für die erst dreijährigen
Hengste auch erste Hinweise zur Rittigkeit bietet. Für das Freispringen
erhielt Durantos die 8,5, die springbetonte Endnote lautet 8,35 und der
Fremdreiter zeichnete ihn mit einer 8,25 für die Rittigkeit aus.
5.2.2021
Sporttest Münster Handorf
Die Noten, die diese Woche in Handorf vergeben wurden, waren durchaus
auch mal atemberaubend. Es regnete Neunen, mitunter auchmal die Zehn.
"Fast den Notenrahmend sprengend", formulierte Thomas Hartwig soeben in
seinem
Vorabkommentar auf dem Onlineportal des Züchterforums, das trifft es
gut.
Gleichwohl, die Qualitätsdichte der jungen Springhengste war in der
Spitze weit überdurchschnittlich. Man kann sich über die Rangierungen
streiten, das Spitzenfeld jedoch wurde klar definiert. Promibonus des
Siegers aussen vor, mein Favourit bei den vierjährigen war der
fuchsbunte Madness, ein Sohn des Kannan aus einer Mutter von Emerald,
ein grundsolide daherkommender Springer im gesunden Rechtecktyp stehend
mit viel Fundament, spritzig, erfreulich abfussend und ein echter
Hingucker. "Umweltorientiert" konstatierte der Richter wohlwollend
lachend am ersten Tag, doch bereits da setzte der Bunting Maßstäbe. Mit
9,0 wurde er heute Dritter.
Fotos: Thomas Hartwig auf ganz besonderen Wunsch - ganz herzlichen Dank
dafür, lieber Thomas!
Ein warmer 9-er Regen ergoss sich dann auch über Durantos, den ich mit
grosser Spannung erwartet hatte.
Es war das erste Mal, dass ich Durantos unter dem Sattel am Sprung
erlebt habe und mir fiel ein Stein vom Herzen! Einen ungeprüften
Junghengst nutzen ist doch etwas ganz anderes, als einen bereits
sportlich bewährten Hengst anzupaaren.
Hochnobel, leicht, noch immer trocken textiert, hochbeinig - letzteres
muss es für mich eigentlich nicht sein- durch und durch Sportler und
ausgesprochen rittig empfahl der dunkle Schimmel sich bereits am
Donnerstag im Standardparcours und machte einfach nichts falsch.
Rhytmisch, ein Sprung wie der andere gut abgewickelt, sichere Anlehnung
und auch zwischen den Sprüngen immer ein Galoppsprung wie der andere -
gross wie klein.
Fremdreiter war heute Philip Hartmann und die 9,2 für die Rittigkeit war
mehr, als ich mir erhofft hatte!
Wer selber aufzieht und anreitet setzt die Prioritäten nunmal etwas
anders.
9,0 für die Galoppade, immer sicher bergauf durchgesprungen und den
grossen Galoppsprung eben auch klein machen könnend, das gehört dazu.
Eine weitere 9,0 gab es für den Gesamteindruck des sympathischen
Hengstes, Vermögen und Manier wurden mit 8,6 und 8,7 bewertet. "Jammern
auf ganz hohem Niveau", denn gerade Vermögen und Manier waren es, die
ihn seinerzeit zum beeindruckenden zweiten Reservesieger seiner Körung
machten. Mit 8,87 schloss Durantos diesen ersten Sporttest heute als 5.
in einem Feld von 17 Teilnehmern ab, das kann sich sehen lassen!
Das Tüpfelchen auf dem "I" bescherte mir dann Thomas Hartwig. Von
berufswegen ohnehin mit der Kamera vor Ort hatte ich ihn gebeten, ob er
bitte mein klägliches Fotodefizit zu Durantos beheben könne? ... und
soeben ergoss sich ein warmer Fotoregen auch über mein Postfach - was
für eine Freude!
Danke, Thomas!
Die brave Carly hat nur noch wenige Tage bis zum Geburtstermin Mitte
Februar und begrüsst mich jeden Tag mit einem freundlichen Grummeln.
Wenn ich in den Stall komme um Fannie und den kleinen Morris
auszuführen, bekommt Carly natürlich stets ihr Möhrchen und einen
kritischen Blick über den dicken Bauch dazu. Auf dieses Durantosfohlen
freue ich mich nach dem heutigen Tag noch mehr. Durantos verfügt über
knapp 40 Prozent Blutanteil. Seine überaus sportliche Aufmachung hat er
sich auch vierjährig beibehalten, man könnte ihm auch durchaus einen
höheren Blutanteil attestieren. Die Idee, dass dieser Hengst mit Carly
ein sportliches Buschpferd zaubern könnte, hat heute reichlich Fantasie
dazu gewonnen! |